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Rezension zu
deutsch, nicht dumpf

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Zu Thea Dorn, Deutsch nicht dumpf

Von: Rolf Reinert aus 53332 Bornheim
27.04.2020

Viele Passagen des Buches habe ich als interessant und anregend aufgenommen. Ermüdend sind allerdings der oft oberlehrinnenhafte Ton, Abschweifungen, Name-Dropping und die vielen Zitate, von denen ich nicht selten den Eindruck hatte, dass sie vor allem die Bildung und Belesenheit der Autorin unter Beweis stellen sollten. Und wenn die Autorin schon so viel fremdes und zum Teil auch wenig zugängliches Gedankengut bringt, hätte sie auch die konkreten Fundstellen anführen sollen. Und wie kommt sie bei ihrer so umfassenden Bildung zu der Erkenntnis, dass Deutschland im 19. Jahrhundert ständig Kriege gegen Frankreich geführt hätte? Eine in ihrer Argumentation wichtige Passage. Aber auf wen sind die genau zwei Kriege im 19. Jahrhundert zwischen zahlreichen deutschen Staaten (nicht „Deutschland“) einerseits, Frankreich andererseits zurückzuführen? Auf den Möchtegern-Welteroberer Napoleon I. der erste (die Auseinandersetzungen mit dem napoleonischen Frankreich als ein Kriegsgeschehen zusammengefasst); und auf die Kriegserklärung Napoleons III. gegen Preußen der zweite. Im ersten Fall standen die deutschen Staaten übrigens an der Seite von Österreich, Großbritannien, Russland und der Niederlande. Und forderte nicht noch Mitte des 19. Jahrhunderts die französische Regierung den Rhein als „natürliche“ Ostgrenze? Widerstand dagegen von deutscher Seite aus Minderwertigkeitsgefühl, und dann noch bösartig? Es wäre wohl auch passender gewesen, nicht von Minderwertigkeitsgefühl, sondern vom Bewusstsein lang andauernder Unterlegenheit zu sprechen – zu massiv hatte Frankreich schon im 17. Jahrhundert politisch und vor allem militärisch in Deutschland eingegriffen. Heute wird das arg beschönigend unter „Réunionen Ludwigs XIV.“ abgehandelt. Das Heidelberger Schloss und die vielen linksrheinischen Burgruinen lassen grüßen. Und vorher war der Rhein in Relation zu Frankreich nun mal „Deutschlands Fluss, nicht Deutschlands Grenze“, und das für 800 Jahre. Beiderseits des Rheins gleiche Menschen, dieselbe Sprache, dieselbe Kultur. Auch ihre Passage über den Völkerhass auf alle nicht-deutschen Menschen im Ersten Weltkrieg ist in dieser Pauschalität unhaltbar. Bemerkenswert, dass die Flut der Zitate hier völlig versiegt ist. „Aufgeklärte Patrioten“ können Frau Dorn weitgehend zustimmen und in ihrem Buch Bestätigung für ihre Haltung finden. Ob die Autorin damit jemanden gewinnen kann, aufgeklärter Patriot zu werden, bezweifle ich. Auch deshalb, weil sie wichtige Aspekte völlig ausgeblendet hat. Zum Beispiel das Versprechen des „Selbstbestimmungsrechts der Völker“ nach dem Ersten Weltkrieg, das gegenüber Deutschland und Österreich sofort eklatant gebrochen wurde – und nach dem zweiten Weltkrieg erneut und in aller Brutalität. Zusammen mit den vorstehenden Beispielen macht dies es jedem Kritiker leicht, der Autorin Einseitigkeit vorzuhalten und ihren Leitfaden deshalb rundum abzulehnen. Bei aller Sympathie für ihre Haltung: Weniger Verve für den aufgeklärten Patriotismus, dafür mehr historische Sachkenntnis, Objektivität und Rationalität wären überzeugender gewesen. Leider muss man wohl auch dem Lektorat vorwerfen, dass es hier nicht warnend eingegriffen hat.

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