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Rezension zu
Todesstrom

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Spannend, aber am großen Thema gescheitert

Von: Constanze Matthes
11.05.2020

Cormac Reilly ist noch ein Greenhorn, als er als junger Polizist kurz nach seiner Ausbildung an der Akademie zu einem Einsatz gerufen wird. In einem völlig verwahrlosten Haus entdeckt der Detective eine tote, an einer Überdosis verstorbenen Frau – und ihre beiden Kinder Maude und Jack. Der Junge ist verletzt und wird von Cormac mit seiner Schwester in ein Krankenhaus gebracht, aus dem das Mädchen jedoch spurlos verschwindet. Gut 20 Jahre später wird Reilly erneut mit dem einstigen, düsteren Fall konfrontiert. Denn Jack, nunmehr ein erwachsener Mann, wird tot im Fluss gefunden. Mit Reilly führt die irische Schriftstellerin Dervla McTiernan einen neuen, eher unscheinbaren Ermittler in die Krimi-Welt ein. Nach seinem Aufstieg zum Special Detective in der in Dublin ansässigen Anti-Terror-Einheit führen seine Wege ihn nach einigen Jahren wieder zurück nach Galway, dort wo seine Karriere begonnen hat. Er wird mit alten, ungelösten Fällen, sogenannten Cold Cases, betraut. Galt der Tod Jacks zuerst als Selbstmord, nimmt die Polizei schließlich doch die Ermittlungen auf, Reilly soll parallel dazu die damaligen Umstände rund um die tote Mutter, die sich als sterbenskranke Alkoholikerin nicht um ihre Kinder gekümmert hat, aufklären. Bereits vor Jacks Tod ist indes Maude nach all dieser Zeit plötzlich wieder aufgetaucht und wird verdächtigt. Reilly sieht sich nicht nur mit einem verzwickten Fall konfrontiert. Er hat das ungute Gefühl, von seinen neuen Kollegen schikaniert zu werden, die Gerüchte in die Welt streuen und ihm wichtige Informationen und Beweise vorenthalten. Der erfahrene Ermittler, dessen Frau Emma erfolgreich als Wissenschaftlerin arbeitet, ist noch immer ehrgeizig, bodenständig und loyal und erscheint somit sympathisch. Sein Kampf gegen Windmühlen wird belohnt: Nach und nach bringt er Licht ins Dunkel und erhält erschütternde Einblicke in den langjährigen Missbrauch von Kindern, hinter dem ein menschenverachtendes System aus aktiven Tätern und Helfern sowie passiven Beobachtern steckt. In vielen Passagen findet sich denn auch die Kritik an den überforderten beziehungsweise hilflosen Behörden, die den Kindern nicht helfen oder helfen wollen. Mit diesem brisanten Thema, den Missbrauchs-Skandalen in der katholischen Kirche in Irland und deren furchtbaren Folgen, bringt die Autorin Tiefe in ihr Debüt, wenngleich sie sich diesem Hintergrund weit ausführlicher hätte widmen können. McTiernan schürft nur an der Oberfläche und füllt hingegen mit zwei weitere Fälle die Handlung auf, die dadurch etwas überfrachtet wirkt: Die Schwester von Danny, Cormacs Kollege, wird vermisst. Zudem wird ein junges Mädchen vergewaltigt und ermordet. Während der eine Fall letztlich mit Jacks Tod zu tun hat, bleibt der andere noch ungelöst und dient womöglich als Cliffhanger, der das Interesse auf den nächsten, im Frühjahr 2021 erscheinenden Band mit dem Titel „Die Gelehrte“ wecken soll. Der Autorin gelingt es indes sehr gut, Jacks nächste Hinterbliebenen zu gestalten. Mit dessen Freundin Aisling sowie Maude stehen neben den Ermittlern zwei sehr starke Frauenfiguren im Fokus, deren Verlust und Trauer berührend geschildert wird. Sie glauben nicht an einen Selbstmord Jacks und nehmen eigene Ermittlungen auf. Damit setzen sie die Polizei, die zuerst wenig Interesse an einer Aufklärung an den Tag legt, unter Druck. McTiernan, 1977 in Cork/Irland geboren und heute im australischen Perth mit ihrer Familie zu Hause, arbeitete nach ihrem Studium zunächst als Anwältin. Eine Geschichte, die sie für einen Schreibwettbewerb verfasste, inspirierte sie zu ihrem Erstling. Ihr Roman ist zwar durchaus spannend zu lesen, auch enthält er atmosphärische Szenen und lebendige Dialoge, doch für ein Buch mit Nachhall fehlt ihm auch sprachlich das gewisse Extra, so dass „Todesstrom“ letztlich leider nur Durchschnitt bleibt.

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