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Rezension zu
Herbstblond

Zeitreise mit dem 'Wetten Dass...'-Titan

Von: Ute
03.05.2015

Zum Hörbuch: Es ist keine Übertreibung: Ich bin mit Thomas Gottschalk groß geworden. Samstags abends wurde in den 80ern frisch gebadet und mit einem Teller voller Salamibrote bei Oma ‘Wetten daß…’ geguckt. Da hieß der Moderator sogar noch Frank Elstner. Ich blieb der Sendung treu, in guten wie in schlechten Zeiten, bis im neuen Jahrtausend dann meine eigenen Kinder frisch gebadet mit Butterbroten neben mir vor der Glotze hockten. Für die gehört zu ‘Wetten daß…’ untrennbar einer: Thomas Gottschalk. Selbstverständlich, dass seine Autobiographie jetzt auf meine Ohren musste. Mir war auch klar, dass Gottschalk als ehemaliger Radiomoderator auch unterhalten kann, ohne dass man seine schrägen Klamotten und die allzeit blonde Vokuhila-Frisur sieht. (Beides ergänzt das Gehirn sowieso automatisch.) In munterem Plauderton, mit sanftmütiger Ironie, erzählt der große Blonde Anekdoten aus seinem Leben. Größtenteils linear verfolgen wir die Karriere des Entertainers, von gekonntem Geschwafel als gänzlich unbegabter Schüler über unermüdlich optimistische Berufsanfänge beim Rundfunk bis hin zu Gottschalks Aufstieg in den TV-Zenith als Showmaster des ZDF-Mutterschiffs ‘Wetten daß…’. Es fühlt sich an wie ein wohliger, amüsanter Mix aus deutschem Geschichtsunterricht und einer gerafften Zeitreise durch die jeweilige Pop- und Fernsehkultur. Die Anekdoten sind kurz, man hört sie mit einem Lächeln und findet alles recht interessant und sympathisch. Wer noch nicht wusste, wie Thomas Gottschalk dort gelandet ist, wo er jetzt steht, kann das hier Schritt für Schritt nachvollziehen. Langeweile kommt dabei nie auf. Der Moderator führt durch den Verlauf seiner Showkarriere als der schwungvolle und leichtfüßige Conferencier, den wir aus dem Fernsehen gewohnt sind. Was die Presse vielfach an Gottschalk kritisiert hat, kann man auch hier anmerken: Es ist alles ganz nett, aber Tiefgang oder gar bitterer Ernst kommen selten vor. Ein paar Momente gibt es, die unter die Oberfläche reichen. Der letzten Worte von Gottschalks Vater, die eingestreuten Augenblicke der Selbsternüchterung, ein kurzer Ausflug in amerikanische Solzialkritik, Gottschalks Gedanken zum tragischen Unfall des Wettkandidaten Samuel Koch. Grundsätzlich sind diese Momente jedoch rar, und auch wenn das an der Kürze der einzelnen Passagen liegen mag, hätte ich gegen einen tieferen, stärker reflektierenderen Blick ‘unter die Schminke’ nichts gehabt. (Ob die ungekürzte Printausgabe da tiefer ausholt, kann ich übrigens nicht beurteilen.) Überhaupt bleibt Gottschalks Privatleben fast komplett außen vor. Erst am Schluss erzählt er ein bisschen etwas über seine Frau Thea und die beiden Kinder, ihr Leben in den USA. Nichts davon droht in irgendeiner Form, die Privatsphäre seiner Familie preiszugeben. Alles ist unverfänglich. Was ich tatsächlich gut finde! Privatsphäre geht Gottschalk über alles, das hat er immer deutlich gemacht, und diesen Grundsatz beherzigt er auch in seiner Autobiographie. Man muss das nur wissen. Wer glaubt, hier mehr über den Ehemann und Vater Thomas Gottschalk zu erfahren, wird etwas enttäuscht sein. Unterm Strich bietet HERBSTBLOND genau das, was Thomas Gottschalk über so viele Jahre seinem Publikum in die Wohnzimmer gebracht hat: gute Unterhaltung. Ein paar private Kleckse hier dazu, ein nettes Anekdötchen da, dazu Gottschalks gewohnt charmante Lausbubenstimme, gereift wie ein guter Wein – es ist, als hätte Deutschlands bekanntester Showmaster uns nach dem Finish nochmal zu Kaffee und Kuchen und Plaudern aus dem Nähkästchen eingeladen. Am liebsten möchte ich mich jetzt mit einem Handkuss bei Thomas Gottschalk für den netten Abend bedanken und ihm einen von diesen riesigen, grässlichen ZDF-Blumensträußen überreichen. Und dazu den Eurovisions-Jingle summen.

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