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Rezension zu
Hat keine Flügel, kann aber fliegen

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Inspirierend

Von: Jade
30.05.2020

Hallo ihr Lieben,   ich muss gestehen, diese Rezension schiebe ich schon seit einiger Zeit vor mir her. Das Buch „ Hat keine Flügel, kann aber fliegen" hat mich beeindruckt, ich habe aber auch Kritikpunkte.   Direkt nach der letzten Seite habe ich den Beitrag bei Instagram gepostet und schon einige Minuten später hatte ich eine Nachricht von AmiliTargownik, der Autorin. Sie ist 25 Jahre alt, lebt in den USA und hat ein unglaubliches Buch geschrieben.   Die wenigsten können etwas mit dem Begriff „zelebrale Parese" anfangen, Kinderlähmung verursacht bei denen meisten ein abgeklärtes „achso". Trotzdem, wenn man nach den Details fragt, weiß niemand so richtig, worum es geht. Die medizinische Erklärung wird niemandem weiter helfen, Amili selber ist dabei auch wunderbar offen. „Mein rechter Arm ist nutzlos, die Beine nur wenig belastbar", so kann man Kinderlähmung anschaulich beschreiben. Natürlich nicht generell, aber Amili macht kein Geheimnis aus ihren Schwächen. Wenn es um ihre Stärken geht, sieht es schon anders aus. Ihr Selbstbewusstsein ist durch die Entwicklungen, die sie in ihrem Leben hatte, nicht besonders ausgeprägt.   Am Anfang schien alles normal, geboren in Israel ist sie ein gesundes kleines Baby. Mit viel Liebe kümmern die Eltern sich, auch als alle anderen Kinder anfangen zu laufen, sind sie zuversichtlich. Irgendwann ist es nicht mehr zu leugnen, Amili ist anders als andere Kinder. Eine geistige Behinderung schließen die Eltern aus, die Ärzte diagnostizieren sie einstimmig. Aber Amili macht Fortschritte, wenn auch nur eingeschränkt. Der Weg durch die Entwicklung mit der Diagnose der Behinderung und der deutlichen Intelligenz auf der anderen Seite ist schwierig. Kaum Regelschulen wollen Amili aufnehmen, sie wechselt oft. Auch an Förderschulen wird sie unterrichtet, allerdings einer geistigen Behinderung angepasst. Die Schwierigkeiten gehen in der Familie weiter, eine kleine Schwester kommt zu der Familie dazu. Der Anfang ist toll, als sie laufen lernt ist für Amili allerdings ein Traum beendet. Sie fängt an, die Schwester zu hassen und aus Frust hört sie auf zu sprechen.1 ½ Jahre dauert es, bis Amili wieder ein Wort spricht, ihre Bildung leidet darunter.   Die Schulsituation wird nach vielen Schulen, vielen Gesprächen und großen Problemen immer dramatischer, bis sich eine amerikanische Schule für Amili interessiert. Von da an beginnt ihr Weg nach oben, von der Highschool wechselt sie zur Uni und zeigt was alles möglich ist. Sie ist behindert, na und?       Soweit also zum Inhalt. Meine positive Meinung klingt schon durch die Wörter, aber wie oben schon erwähnt, habe ich auch Kritikpunkte.   Das Buch beginnt mit dem Zeitpunkt der Unterversorgung von Amili im Bauch ihrer Mutter. Das zeigt anschaulich, woher die Zelebralparese kommt, ist aber für mich erschreckend unrealistisch. Das Buch entwickelt sich weiter über die Kindheit der Protagonistin und auch hier bleibt die Perspektive. Das alleine würde mich nicht stören, wäre der Ton neutral geblieben. Amilischreibt aber, als würde ein ungeborenes Kind denken, wie ein Erwachsener. Erfundene Gespräche zwischen Kleinkindern kommen dazu, das alles hat für mich vieles kaputt gemacht. Sie erklärt ihr Verhalten bei den Untersuchungen der Ärzte zur Geistigen Behinderung als logisches Verhalten, das genauso geplant war, nur leider falsch verstanden wurde. Das, was wahrscheinlich gedacht war, um realistischer schreiben zu können, hat bei mir das Gegenteil bewirkt. Wenn Kinder denken würden wie Erwachsene, hätten wir als Lehrer, Erzieher und auch Eltern einige schwere Fehler begangen.   Das positive Verhältnis zu den Eltern ist mir immer wieder im Laufe des Buches aufgefallen, allerdings sucht man als Leser, wenn das eigentliche Kleinkind denkt wie ein Erwachsener, ganz automatisch die Schuld oft bei den Eltern. So viele Situationen erklärt Amili logisch, die Eltern verstehen 90% ihrer Reaktionen nicht, schon während der Schwangerschaft. Wenn man es darauf anlegt, kann man generell die Schuld der Eltern für die Behinderung der Tochter feststellen. Das ist aus meiner Sicht überhaupt nicht fair und erweckt einen falschen Eindruck.   Das Buch entwickelt sich weiter in eine Phase in der der Erzählstil deutlich realistischer wirkt, da habe ich mich allerdings ein zweites Mal gewundert. Das deutsche Schulsystem, insbesondere die Förderschulen, sind meiner Meinung nach extrem gut angepasst und sehr bemüht. Wer mich kennt, der weiß, dass Förderschulen mein Thema sind. Als Mitarbeiterin an einer Schule in der Umgebung weiß ich, was die tägliche Arbeit dort bedeutet. Wenn dann jemand Kritik äußert, fühle ich mich persönlich angegriffen. Auch hier war es so, die deutschen Schulen haben bei Amili keine große Leistung vollbracht, das stimmt. So schlimm, wie es allerding im Buch wirkt, kann es aber nicht gewesen sein. Vieles ist aus einer anderen Perspektive durchaus zu erklären. Aber das ist ja das gute an Autobiografien, man lernt eine Person und ihren Blickwinkel ganz genau kennen.   Jetzt habe ich genug gemeckert, die positiven Dinge haben nämlich überwogen. Das Buch hat mich von Anfang an beeindruckt mit seiner tollen Verarbeitung, Hardcover mit Schutzumschlag. Die Geschichte bietet einen Einblick in das Leben von AmiliTargownik, und der ist nicht beschönigt oder löcherig, er ist echt. Diese Perspektive haben die wenigsten Menschen auf der Welt und mir hat sie eindeutig geholfen, auch mich selber aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Das Buch relativiert viele Vorurteile und auch viel Rücksicht, die wir nehmen, die aber eigentlich nur zu Ausgrenzung führt. Amili kann mit ihrer Behinderung besser umgehen, als jeder anderen von uns. Sie ist ehrlich, will nichts beschönigen und ist einfach nur normal.       An dieser Stelle ein großes Dankeschön an den Verlag, die Zusammenarbeit mit euch läuft seit Beginn perfekt. Natürlich auch ein Danke an die Autorin für das Teilen ihrer Geschichte. Das kostet Überwindung und ich bewundere sie sehr dafür.

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