Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Schatten über Marrakesch

Der erste Fall für Karim Belkacem - Spannung in Marokko

Von: Monika Caparelli-Hippert
31.05.2020

Marokko, Ramadan 2011: über Marrakesch herrscht eine Hitzewelle sondersgleichen, und in der Medina, der farbenprächtigen Altstadt, wird auf einem Handkarren die Leiche einer leichtbekleideten jungen Frau gefunden. Der junge Polizist Karim Belkacem ist als erster vor Ort und stellt schockiert fest, dass es die Tote kennt. Während seine und die Familie der Toten von ihm erwartet, dass er den Mörder findet, wird der Fall allerdings einem Kollegen übertragen, der anscheindend sehr unmotiviert ans Werk geht. Karim stellt eigene Nachforschungen an, und stösst dabei auf Korruption, dunkle Machenschaften und familiäre Geheimnisse. In diesem Roman verbinden sich mehrere Erzählstränge sehr geschickt ineinander. Während Karim gezwungen ist, den Mörder von Amina in seiner Freizeit aufzuspüren, ist er offiziell mit Ermittlungen zu Produkt- und Medikamentenfälschungen beschäftigt, und hat zudem einen Nebenjob als Nachtwächter auf einer Baustelle, auf der auch nicht alles mit rechten Dingen zugeht. In einem anderem Strang lernen wir die Engländerin Kay kennen, die einen Riad, ein traditionelles marokkanisches Gästehaus, betreibt, und ihren Noch-Lebensgefährten Sebastien, einen französischen Architekt, die beide in Marokko das Leben privilegierter Ausländer und Geschäftsleute führen. Doch die Wege von Karim und Sebastien sollen sich noch mehrfach kreuzen…. Auf 455 Seiten entfaltet sich dem Leser ein farbenprächtiger Roman, der mit viel Lokalkolorit und Liebe zu Marrakesch punktet. Der Autor hat selbst einen Wohnsitz in Marokko, und kennt sich in landestypischen Gebräuchen aus. Das Buch ist flüssig geschrieben und wie gesagt mit viel Liebe zu Land und Leuten, und teilweise hatte ich das Gefühl, mit Karim und seiner Familie in der Medina unterwegs zu sein. Das Buch weckt auf jeden Fall Reiselust und Fernweh! Ein klassischer Krimi war es für mich jetzt aber eher nicht. Natürlich, es gibt ein Verbrechen (nun ja, mehrere – ausser dem Mord noch Korruption, Missachtung von Bauvorschriften, sowie die Produktfälscherei), und Karim ist Polizist, aber blutige Szenen, Thrillermomente und Action halten sich in Grenzen. Im Gegenteil, es ist Ramadan, und das öffentliche Leben liegt teilweise am Boden. Auch auf dem Kommissariat ist der Elan der Ermittler eher auf unterem Level, bedingt durch das Fasten in brütender Hitze, das unter der religiösen Bevölkerung für Todesopfer sorgt. Auch Karim, durch zwei Jobs geplagt (die anstehende Hochzeit seiner Schwester ist so teuer, dass es ohne Zweitjob nicht geht), findet sich kurz vorm Nierenversagen am Tropf wieder. Für mich war es ein sehr spannender und faszinierender Einblick in eine doch fremde Kultur. Ich hab den Roman in fast einem Rutsch gelesen, und war gefesselt. Was mir auffiel: In den Passagen, die sich um die europäischen Protagonisten drehten, konnte ich mich sehr viel besser in diese hineinversetzen, auch wenn beileibe nicht alle sympathisch waren. Bei den Kapiteln, in denen es um die marokkanischen Protagonisten ging, gelang es mir weniger, mich in sie hinein zu versetzen. Wahrscheinlich weil es dem Autor auch nach Jahren im Lande ähnlich geht – vermute ich. Denn irgendwie habe ich da einen Abstand zu den „locals“ gespürt. Ich glaube, die kulturellen Unterschiede hat der Autor trotz augenscheinlicher Liebe zum Land nicht gänzlich überwunden. Marokko ist ein Land im Umbruch, jahrhundertealte Traditionen werden in die Moderne katapultiert, das sorgt für Spannungen und Probleme. Das kommt in dem Roman gut raus, keine Frage. Aber richtig verstehen können wir als Westler wohl nicht wirklich, wie die Berber und anderen ethnischen Gruppen im modernen Marrakesch ticken, und so wundern wir als Leser uns mit dem Autor, wie lax manche Vorschriften interpretiert werden, wie tief die Religion den Alltag immer noch prägt, und kommen den Protagonisten so nicht wirklich nahe. Das fand ich etwas schade, ist aber auch mein einziger Kritikpunkt. Ansonsten: klare Leseempfehlung für alle Bücherwürmer mit Fernweh!

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.