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Rezension zu
Die Schauspielerin

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein neuer toller Roman von Anne Enright!

Von: arcimboldis_world
10.06.2020

Familiengeschichten sind das grosse Thema der irischen Autorin Anne Enright, die für ihren Roman „The Gathering“ (deutscher Titel „Das Familientreffen“) 2007 mit dem Booker Prize ausgezeichnet wurde. In ihrem neuen Roman „Die Schauspielerin“ geht es um eine Mutter-Tochter-Beziehung, es ist die (fiktive) Biografie eines aufgehenden und früh verblassenden Stars im Geflecht der Machtstrukturen von Film und Bühne… Eindringlich schildert die Autorin den Werdegang der egomanischen Schauspielerin Katherine O’Dell, von ihren Anfängen auf der Bühne, ihren Weg zum Erfolg in Hollywoods Filmgeschäft, bis hin zum Abstieg – feinfühlig erzählt, teilweise mit viel Humor und einer köstlich-bösen Bissigkeit (etwa die Anekdote, in der Katherine als Ikone in einem Werbespot für irische Butter brilliert…). Die politischen Verhältnisse Irlands werden angerissen, aber nicht weiter vertieft. Dazu interessante Nebenfiguren, die das ganze Leben dieser beiden so unterschiedlichen Frauen begleiten, wie etwa die Haushälterin Kitty oder ein Priester, der neben seiner seelsorgerischen Tätigkeit auch als Psychotherapeut und Liebhaber der Diva fungiert – zum Lebensende sogar ihre Beisetzung gestaltet. Gegen Ende dieses Romans verlässt Enright den Erzählstrang, die Geschichte wird mehr und mehr zu einer Collage der Gedanken von Mutter und Tochter. Einblicke ins Innenleben beider Protagonistinnen erhält man von Anbeginn, der Leser hat nie das Gefühl, einer Fiktion – die Figuren sind plastisch und real erzählt, als hätte es die grosse Katherine O’Dell tatsächlich gegeben. Das erzählte Leben von Mutter und Tochter lässt nichts aus – Sex, Medikamentensucht, Ruhm, Vergewaltigung, und Abhängigkeiten jeglicher Art – ohne jemals plakativ zu wirken. Und nach einem letzten verwirrten Lebensabschnitt in der Psychiatrie dann ein früher Tod mit 58 Jahren. Das Leben für sich und die Tochter – eine einzige Inszenierung. Ein mehr oder weniger glückloses Leben und die Beantwortung zumindest einer der beiden dringlichen Fragen, die das ganze Buch durchziehen: Wer ist der Vater von Norah, der Ich-Erzählerin? Und warum hat Katherine auf den Produzenten Boyd O’Neill geschossen? Die Romane von Anne Enright sind immer wieder eine grosse Freude, man taucht ein und saugt sich fest. Wunderbar.

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