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Rezension zu
Schatten über Marrakesch

Farbenfrohe Souks, arabische Sprache, flirrende Hitze, Leckereien zum Fastenbrechen und ganz nebenbei eine Mordermittlung.

Von: Raeubertochter76
11.06.2020

Die Geschichte besteht aus zwei Handlungssträngen, die zunächst parallel erzählt und am Ende zusammengeführt werden. Die Verknüpfung entsteht dabei durch den Kriminalfall, der sich aber sonst eher im Hintergrund hält. Gleiches gilt für den Spannungsbogen, der zwar vorhanden ist, mich aber nicht davon abgehalten hätte, das Buch auch mal zur Seite zu legen. Was ich aber nicht tat, denn ich hatte furchtbar große Lust, mehr über die Charaktere, das Land und die Kultur zu erfahren. Und das lag primär am außergewöhnlich atmosphärischen Schreibstil des Autors. James von Leyden ließ die bunten Farben des Souks ebenso vor meinen Augen tanzen, wie er mir den heißen Wüstensand hineinblies. Inhaltlich geht es in dem Roman einerseits um die europäische Riadbesitzerin Kay und ihrem Versuch, sich in dem fremden Land eine Zukunft aufzubauen. An ihrer Geschichte wird deutlich, dass man sich in Marrakesch beruflich anscheinend noch ausprobieren kann. Kay ist nämlich nicht nur Gastwirtin, sie versucht sich außerdem als Innenarchitektin und Antiquarin. Es scheint, also könne hier ein Tellerwäscher noch zum Millionär werden, sofern er sich gut verkaufen kann und die richtigen Leute kennt bzw. kennen lernt. Genauso schnell ist es aber möglich, wieder abzusteigen. Andererseits ist die eigentliche Hauptfigur der junge Polizist Karim, der von einer Vielzahl von Sorgen geplagt wird, die uns jedoch viele Einblicke in das Leben Marrakeschs beschert: Erstens musste er nach dem Tod seines Vaters die Versorgerrolle in seiner Familie übernehmen. Um der finanziellen Verantwortung gerecht zu werden, nimmt er einen Zweitjob an, denn seine Schwester steht kurz vor ihrer Hochzeit, die bezahlt werden will. Zweitens ist da die unerlaubte Liebe zu seiner Ziehschwester Ayesha. Ich kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, wie quälend es sein muss, seinen Seelenverwandten täglich um sich zu haben und ihm doch nicht nah sein zu dürfen. Und drittens fällt der Ramadan auch noch in die heißeste Zeit des Jahres. Und ich konnte die trockene Kehle von Karim so deutlich spüren, dass ich noch nie so viel Wasser bei einer Lektüre getrunken habe, wie zu diesem Kriminalroman. Ach ja, und dann wäre da auch noch der Mord an der Tochter einer ehemals befreundeten Familie. In diesem Punkt ist Karim hin- und hergerissen zwischen der gefühlten Verpflichtung seiner Familie gegenüber, sich als Polizist der Angelegenheit anzunehmen und seiner Dienststelle, die ihn aufgrund seiner Herkunft niemals mit einem solch wichtigen Fall betrauen würde. Denn obgleich exzellent ausgebildet wird Karim als Berber weder gleichberechtigt im Kommissariat aufgenommen noch behandelt. Diesen Konflikt fand ich sehr interessant. Karims Geschichte ist vollgepackt mit kulturellen Besonderheiten und Konflikten sowie alten Traditionen. Und auch die kulinarischen Genüsse kommen nicht zu kurz. Der Akt des Fastenbrechens wird jedes Mal so ausführlich und schmackhaft beschrieben, dass ich die Gerichte am liebsten gleich nachgekocht hätte. Von Leydens Ortsbeschreibungen sind das letzte Puzzleteil, um in mir endgültig das Gefühl hervorzurufen, ich wäre selbst unmittelbarer Zuschauer der Geschehnisse. Gefallen hat mir außerdem sehr, wie der Autor immer wieder arabische Ausdrücke und Redewendungen in den Text eingewoben hat. Der Anhang beinhaltet ein kleines Glossar zum Nachschlagen. Ein Stadtplan und einige Tipps für den eigenen Marrakesch-Besuch runden das Werk ab. Fazit: Dieser Kriminalroman besticht in erster Linie dadurch, dass er uns Marrakesch sowie die Kultur und Menschen Marokkos näher bringt. Also ein voller Erfolg für meine literarische Weltreise. Ich freue mich schon auf Teil II!

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