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Rezension zu
Das ungeschminkte Leben

Aus dem Leben einer bemerkenswerten Frau

Von: Sabine_G
22.07.2020

Maryse Boucolon, wird 1937 auf der Karibikinsel Guadeloupe geboren und als „Nachfahrin der »Grand Négres«, erzogen in der hochmütigen Verachtung für die unter ihr Stehenden“. Sie berichtet in ihrer Autobiographie hauptsächlich von ihren zwanziger Lebensjahren, ihre härtesten, so wie ich er herauslas. Ereignisse, die sich früher oder später zugetragen haben, schiebt sie geschickt ein. Mit einundzwanzig lernt Maryse ihren späteren Ehemann Mamadou Condé in einem Studentenwohnheim kennen. Zu diesem Zeitpunkt ist sie bereits alleinerziehende Mutter eines Zweijährigen, sitzengelassen von einem Haitianer („Ich wehrte mich lange gegen die einzig mögliche Erklärung: meine schwarze Hautfarbe.“). Die Heirat mit Condé vollzieht sie schnell, denn sie ist „lieber schlecht verheiratet als ein gefallenes Mädchen“. Auf den Abbruch ihres Studiums folgt nach nur wenigen Monaten die Trennung, eine weitere Schwangerschaft und der Aufbruch in ein ihr unbekanntes Afrika. Sie bekommt eine Stelle als Lehrerin am Collége in Bingerville (Elfenbeinküste) und zu spüren, dass ein großer, ganz Afrika durchziehender Graben sie von den Afrikanern trennt (s. S. 43). Die Antillaner blieben unter sich. Sie schreibt: „Mein erster Kontakt mit Afrika war keineswegs Liebe auf den ersten Blick ( … ) Ich war bestürzt über das Elend in der Menschenmenge (…) Im Kontrast dazu sah man blitzsaubere, gut gekleidete Weiße am Steuer ihrer Autos.“ Nach einem Jahr besteigt sie mit Sohn Denis und Tochter Sylvie-Anne einen Flieger nach Guinea und zieht zu Condé. All das passiert bis Seite 56. Es folgen 244 weitere, die zeigen, wie sehr sie von Afrika, von Männern angezogen, geliebt und enttäuscht wird. Sie berichtet über Entwurzelung, Exil und Rassismus, über ihre eigene politische Entwicklung und über die Sehnsucht, in Afrika ein Land zu finden, das sie nimmt, wie sie ist, bzw. wie sie es sich wünscht, zu sein. Das alles mit einer Offenheit, einer Ungeschminktheit, die mich in den Bann zog. 'Das ungeschminkte Leben' war trotz der angenehm zu lesenden Sprache keine leichte, dafür aber eine lehrreiche Lektüre. Die relativ kurz gehaltenen Kapitel, verteilt auf drei Teile, lassen Pausen zu. Die Kapitel sind überschrieben mit bekannten Zitaten, was ich sehr ansprechend fand. Maryse Condé begegnet vielen (teils hochrangigen) Menschen, wechselt Orte und berichtet über politische Lagen. Die Lektüre stellte sich als gute Wahl heraus, denn ich lernte jemanden kennen: Eine Frau mit Stärken und Schwächen, die sich gesellschaftlichen, politischen, gesundheitlichen und inneren Widerständen entgegenstellte. Eine, die nicht tat, was erwartet wurde - gelegentlich auch nicht das, was ich erwartet hätte. Maryse Condés Autobiographie hat mich neugierig gemacht auf ihre Werke. Im Text finden sich zahlreiche, interessante Bezüge dazu.

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