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Rezension zu
Barracoon

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Kossolas Geschichte

Von: ulrike rabe
12.08.2020

Oluale Kossola war etwa 19 Jahre alt als er 1859 durch dahomeische Krieger gefangen und als Sklave an amerikanische Sklavenhändler verkauft wurde. Er überlebte die Barracoons. Er überlebte die Mittelpassage, die Überfahrt von der Westküste Afrikas nach Amerika, auf der Clotilda, dem letzten Sklavenschiff, das die menschliche Fracht unter unmenschlichen Bedingungen transportierte. Er überlebte etwas mehr als fünf Jahre als Sklave, bis er 1865 in die Freiheit entlassen wurde. In Amerika bekam Kossola den Namen Cudjo Lewis. 1927 besuchte die afroamerikanische Autorin und Anthropologin Zora Neale Hurston über einige Monate Kossola und ließ sich von ihm seine Lebensgeschichte erzählen. Erst lange, sehr lange nach Kossolas und Zora Neale Hurtons Tod – im Jahre 2018 - wurde dieses eindringliche, erschütternde Zeitzeugnis verlegt und veröffentlicht. Barracoon – das sind die gefängnisartigen Barracken, in denen die gefangengenommenen Männer und Frauen gepfercht wurden, wo sie bis zu ihrem Verkauf und der Überfahrt nach Amerika ausharren mussten. Barracoon - das ist die Geschichte von Kossola, den man deportiert, entmenschlicht, versklavt hat, dem man die Heimat, die Familie, Freiheit und den Namen genommen hat. „Cudjos Own Story" war ein wissenschaftliches Projekt der Anthropologin Zora Neale Hurston. Ein bemerkenswertes Dokument menschlicher Unmenschlichkeit. Es sind Kossolas eigene Worten, die unvergleichlichen und authentischen Sprache eines Mannes, der als letzter Überlebender in Afrika geboren war, das Massaker von Dahomey (im heutigen Benin) überlebte, der über ein unglaubliches Erinnerungsvermögen verfügt. Eines prägte sich Zora Neale Hurston nachhaltig ein: „Die Weißen hatten meine Leute in Amerika in Sklaverei gehalten. Sie hatten uns gekauft, das ist wahr, und uns ausgebeutet. Woran ich aber schwer zu schlucken hatte, war die unabweisliche Tatsache: Meine eigenen Leute hatten mich verkauft und die Weißen hatten mich gekauft.“ Seine Erzählung über seine Kindheit und Jugend, über das Leben in Afrika ist voller Details. Auch die Zeit der Freiheit beschreibt Kossola facettenreich. Als er mit anderen befreiten Sklaven Africatown aufbaute, wo nur in Afrika geborene Männer und Frauen lebten. Dass es auch einen enormen Unterschied zwischen ihm und den seinen zu den in Amerika geborenen ehemaligen Sklaven gab. Berührend erzählt er von seinen Kindern, seiner Frau und der Einsamkeit nach deren Tod. Über seine fünf Jahre als Sklave verliert er nur sehr wenige Worte. „Hart ran genommen“ wurde er, er bekam neue Schuhe, dann wurde er in die Freiheit entlassen. Meine persönliche Meinung dazu ist, dass das menschliche Erinnerungsvermögen viele dunkle Flecken hat, wenn es um die schlimmsten Dinge geht, die einem widerfahren können. Kossola verspürte über all die Jahre eine ganz intensive Sehnsucht nach Afrika, zurückzukehren war ihm aus vielerlei Gründen nicht möglich. Als Zora Neale Hurston von ihm eine Fotografie anfertigen wollte, machte er sich für das Bild zurecht. Er trug seinen besten Anzug und hatte die Schuhe ausgezogen. „Ich will aussehen wie in Afrika, weil das ist, wo ich sein will.“ Seit der Fertigstellung des Manuskriptes und seiner Veröffentlichung musste fast ein ganzes Jahrhundert vergehen. …die davon aufgeworfenen Fragen zu Sklaverei, und Freiheit, Habgier und Ruhmsucht, Selbstbestimmung und unserer gemeinsamen Menschlichkeit (sind) heute so wichtig wie zu Kossolas Lebzeiten.

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