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Rezension zu
Das ungeschminkte Leben

Der Traum vom Panafrikaniskus

Von: Kate Rapp
08.09.2020

„Das ungeschminkte Leben“ von Maryse Condé Maryse Condé, die große französische Schriftstellerin von den Antillen, die mit dem alternativen Literaturnobelpreisträger geehrte wurde, berichtet hier von der schwierigsten Zeit ihres Lebens. Es war die Zeit, bevor sie zu schreiben begann, ein unruhiges, bewegtes Leben in Europa und Afrika führte. Sie wuchs in einer privilegierten, bürgerlichen Familie als Tochter der ersten schwarzen Lehrerin und eines schwarzen Bankiers in Guadeloupe auf. Mit sechzehn ging sie zum Studium nach Paris und wurde hier erstmalig mit Vorurteilen und Demütigungen als Schwarze konfrontiert. Sie bekam ein uneheliches Kind und Tuberkulose und wurde daraufhin von den Antillanern gemieden. Sie fand Rückhalt in der afrikanischen Community und heiratete 1958 Mamadou Condé, einen Studenten aus Westafrika. Sie begann, die Lyrik der sogenannten „Négritude“ zu lesen und beschloss, als ihre Ehe nicht gut lief, eine Stellung an der Elfenbeinküste anzunehmen, um ihre Wurzeln und den Afrikanischen Kontinent kennen zu lernen. Die Sechziger Jahre waren auf dem Afrikanischen Kontinent eine bewegte Zeit. Viele der Länder erhielten die Unabhängigkeit von ihren französischen oder englischen Kolonialmächten und neue afrikanische Staatspräsidenten traten entweder als Marionette der alten Kolonialherren an, als Sozialisten oder Diktatoren. Maryse Condé erlebt die Feiern zur Unabhängigkeit in Abidjan. Sie beschreibt aber auch die Animositäten der afrikanischen Nationalitäten untereinander und die Diskriminierung beispielsweise nigerianischer Einwanderer an der Elfenbeinküste. Sie versucht, den Tribalismus der unterschiedlichen Gruppen zu verstehen und beschreibt Vielfalt und Diversität dieses Kontinents, die nicht nur Problem sondern auch Chance ist. Später arbeitete sie in Guinea, wo sie aufgrund ihrer Kontakte verbannt wurde und nach Ghana ging. Dort wurde sie wiederum als guineeische Spionin ausgewiesen, heiratete später einen Engländer und lebte schließlich in den USA und den Antillen. Die schwierige politische Umbruchszeit erlebte sie hautnah. Komplizierte persönliche Beziehungen und vier Kinder machten ihr Leben als alleinerziehende Nomadin nicht gerade leicht. Aber sie traf auf zahlreiche intelligente, politisch aktive Menschen, hatte eine Affäre mit dem unehelichen Sohn des Haitianischen Diktators Duvalier, lernte persönlich den Regierungschef Guineas sowie die zukünftigen Führer der Elfenbeinküste, Benins und Angolas kennen. In Ghana traf sie die afroamerikanischen Intellektuellen auf der Suche nach ihren Wurzel und lernte unter anderen Maya Angelou und Malcom X kennen. Diese Autobiografie ist so nüchtern und ungeschminkt, wie im Titel versprochen. Es werden keine idyllischen Lehmhütten bemüht, jeglicher Afrika-Kitsch ist obsolet. Dafür spürt man die drängende Unruhe, die Zerrissenheit und das Gefühl dieser Autorin, sich überall als Fremde zu fühlen: in Guadeloupe zu privilegiert, in Frankreich rassistisch gedemütigt, in Afrika als zu überlegen und frühkolonisiert abgelehnt. Dass sie diesen Kontinent liebt, er ihr aber nicht das geben konnte, was sie suchte, wird im Verlauf des Buches immer deutlicher. Ich las den Bericht dieses atemlosen, entwurzelten Lebens völlig fasziniert, weil ich selber ein Jahr in der demokratischen Republik Kongo gelebt habe und die Probleme mir durchaus bekannt vorkamen. Teilweise klingt es wie ein WHO is WHO der afrikanischen Befreiungsbewegungen, der Revolutionäre und Staatengründer. Besonders spannend fand ich, dass es bereits in den Sechzigern zahlreiche schwarze SchriftstellerInnen sowohl der frankophonen „Négritude“ als auch der anglophonen „Harlem Renaissance“ gab, die bekannt und geschätzt träumten. Ihr Traum vom Panafrikanismus hat sich bis heute noch immer nicht erfüllt hat.

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