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Rezension zu
Der Garten meiner Mutter

Indische Befreiungsgeschichte

Von: Kate Rapp
10.09.2020

„Der Garten meiner Mutter“ von Anuradha Roy Anuradha Roy ist eine großartige Erzählerin! Bereits auf den ersten Seiten hat sie mich mit ihrem bildreichen Stil für ihren Roman gewonnen. Es ist eine Familiengeschichte, rückblickend erzählt von dem alten Myshkin. Er wuchs in einer bürgerlichen Familie im Indien der Dreißiger Jahre auf, sein Großvater ein Arzt, sein Vater College-Professor und seine Mutter Gayatri nach arrangierter Ehe äußerst unzufrieden. Es ist die Zeit der großen Umbrüche, des gewaltlosen Widerstandes Gandhis, der Unabhängigkeitsbewegung Indiens, der Emanzipation von der kolonialen Abhängigkeit von England. In wunderschönen Bildern schildert Roy, wie der junge Myshkin nicht nur die politischen Veränderungen sondern auch die zunehmende Unzufriedenheit und Streitbarkeit seiner Mutter wahrnimmt. Wie er den Einfluss des Deutschen Malers Walter Spieß und seiner Begleiterin, der Tänzerin Beryl de Zoete zunächst nicht als bedrohlich empfindet. Doch dann ist er vollkommen davon überrascht, dass seine Mutter ihn und seinen Vater verlässt als er neun Jahre alt ist, um mit dem Künstler nach Bali zu gehen. Mich hat der Roman nicht nur wegen seiner wunderschönen Sprache begeistert sondern auch, weil hier zwei große Emanzipationsgeschichten miteinander verschränkt werden und parallel ablaufen: die von Gayatri und die des Landes Indien. Myshkins Vater, der die Unabhängigkeitsbewegung begeistert unterstützt, bemerkt gar nicht, dass, was er über das Land sagt, ebenso sehr auf seine Frau zutrifft. Seine Uneinsichtigkeit führt dazu, dass er sie, wie auch England seine Kolonie- verliert. Die ersten beiden Drittel des Buches handeln daher überwiegend von der Einsamkeit und der Leerstelle, die seine Mutter Gayatri bei Myshkin hinterlässt. Im letzten Drittel dagegen kommt sie selbst zu Wort, in Briefen, die sie an ihre Freundin Lis nach Hause schreibt. Sie spiegeln ihre Perspektive, ihre Träume, Wünsche und widerstreitenden Gefühle wider. Dabei nehmen sie immer wieder Bezug auf Walter Spieß, kreisen um sein Leben auf Bali, seine Kunstwerke, sein Museum. So tritt die Figur der Gayatri ein wenig hinter der des historischen Malers zurück und bleibt weiterhin nicht wirklich greifbar, weder für ihren Sohn Myshkin, der diese Briefe erst als alter Mann liest, noch für uns Leserinnen. Dennoch ein empfehlenswertes Buch und eine Hommage an die indische Kunst, den Tanz, die Kultur. Ich hoffe sehr, dass auch noch weitere Werke dieser großen, mit zahlreichen Preisen geehrten Autorin übersetzt werden!

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