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Rezension zu
Normale Menschen

Alles soweit normal

Von: Nico aus dem Buchwinkel
15.09.2020

eit ihrem Debütroman bin ich ein Fan von Sally Rooney. „Gespräche mit Freunden“ ist einer meiner eher seltenen Ausflüge in die Gegenwartsliteratur, die ich wahnsinnig gut und spannend fand. Kein Wunder also, dass ich die deutsche Erstveröffentlichung von „Normale Menschen“ herbeigesehnt habe. Normale Beziehungen Alles beginnt mit einer geheimen Romanze in der Schule. Von da an folgen wir episodisch Connells und Mariannes Leben, anfangs noch in der Schule, später dann an der Uni. Die beiden fühlen sich zueinander hingezogen, aber mit der großen Liebe klappt es irgendwie nie so richtig. Mal wird etwas Gedachtes nicht ausgesprochen, mal wird eine Handlung anders interpretiert, als sie gemeint ist. So kommen die beiden nie dauerhaft zusammen, aber auch nie dauerhaft voneinander los. Und obwohl mir die beiden Hauptfiguren nie richtig sympathisch wurden – ganz ähnlich zu den Figuren in Rooneys Debütroman – habe ich trotzdem mitgefiebert und wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht. Der Titel lässt es bereits vermuten: Es geht in „Normale Menschen“ nicht um Held*innen, sondern um Menschen, die schlechte Erfahrungen gemacht und Traumata erlebt haben. Alle haben ihr Päckchen zu tragen. Es geht um Missbrauch und Depression, die die Figuren aber innerhalb der Konstellationen im Buch nicht zu etwas Besonderem machen. So weit, so normal. Sally Rooneys Magie besteht darin, etwas vollkommen Alltägliches so spannend zu schreiben, dass frau* unbedingt weiterlesen möchte. Da hat auch ein Absatz, in dem es lediglich um das Öffnen einer Weinflasche geht, seine Berechtigung. Diese Beschreibungen von Alltäglichem schrappen aber auch manchmal haarscharf an der Belanglosigkeit vorbei. Ich fand den Stil das gesamte Buch über sehr passend, kann aber auch alle verstehen, die von einzelnen Passagen gelangweilt sind. Normale Machtverhältnisse Erzählt wird die Geschichte von der Beziehung zwischen Connell und Marianne in linearen Zeitsprüngen. Häufig liegen mehrere Monate zwischen einzelnen Kapiteln bzw. Episoden. Die Episoden sind dabei abwechselnd aus Connells und Mariannes Sicht geschrieben, wodurch die Machtstrukturen innerhalb der Beziehung deutlich zutage treten. In der Schule gehört Connell zu den coolen Jungs, Marianne ist Außenseiterin. Deshalb darf niemand erfahren, dass die beiden Sex haben. An der Uni ist Marianne auf einmal sehr beliebt und geschätzt, Connell kommt mit dem ungewohnten Umfeld nicht so gut zurecht. So ändern sich auch die Kräfteverhältnisse und diese Beobachtungen in der Interaktion zwischen Menschen, die werden von Rooney messerscharf analysiert. Und die fand ich wahnsinnig spannend zu lesen und nachzuvollziehen. „Normale Menschen“ weist viele Ähnlichkeiten zu Sally Rooneys erstem Roman „Gespräche unter Freunden“ auf, ist aber von der Grundstimmung und den Abgründen der Personen her noch ein wenig düsterer. Deshalb gefällt mir „Gespräche mit Freunden“ alles in allem einen Deut besser, auch wenn „Normale Menschen“ sehr lesenswert ist. Von mir gibt es 4,5 von 5 Lesezeichen.

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