Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte

Der Massai, der Kunsthändler und ein Rachefeldzug

Von: Eva Krafczyk
17.11.2020

Die Romane von Jonas Jonasson haben in der Regel eine Gemeinsamkeit: Einen Protagonisten, der teils als skurriler Außenseiter, teils als Underdog gegen scheinbar übermächtige Gegner zu kämpfen hat und in der Manier eines Forrest Gump es irgendwie schafft, unbeschadet die aberwitzigsten und bedrohlichsten Situationen zu umschiffen. Gewürzt mit einer Prise augenzwinkerndem Humor, unerwarteten Begegnungen und scheinbarer Naivität steuert die Handlung nach verschiedenen Komplikationen doch noch auf ein Happy End zu und hinterlässt beim Leser ein Wohlfühlerlebnis. Die Kraft der Schwachen hat gesiegt gegen Gemeinheiten und Intrigen. Jonassons jüngstes Buch „Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte“ bildet da keine Ausnahme. Auch hier vereinen sich die Underdogs gegen einen fiesen Widersacher, bei dem es sich in diesem Fall um den Kunsthändler Victor handelt. Dessen Kunstverständnis hat ähnlich wie seine politischen Ansichten viel mit einem berühmten, wenn auch künstlerisch unterbelichteten österreichischem Maler mit dem Vornamen Adolf gemeinsam. Victor ist zwar ein Frauenfeind und Rassist, wird als ehemaliger Stammkunde einer schwarzen Prostituierten aber mit unerwarteten späten Vaterpflichten konfrontiert: Kurz vor ihrem Tod überträgt die Frau ihm die Verantwortung für den gemeinsamen Sohn Kevin. Der Leser hat es schon geahnt: Als Vaterfigur ist Viktor denkbar ungeeignet, und Liebe für den schwarzen Sohn will er erst recht nicht entwickeln. Kevin wird zunächst notdürftig in einer kleinen Vorstadtwohnung untergebracht und dann eines steten Vorrats an Tiefkühlpizza am Leben gehalten. Kurz nach seinem 18. Geburtstag hofft der junge Mann, dass sein Vormund die Beziehung auf eine etwas persönlichere Ebene bringen will, reisen die beiden doch nach Kenia. Allerdings nur, weil Viktor seinen Sprössling in der Savanne aussetzt, in der Hoffnung, er werde schon von den reichlich vorhandenen Löwen gefressen. Retter in der Not für den längst totgeglaubten Kevin ist Ole Mbatian, letzter männlicher Vertreter einer Familie von Medizinmännern vom Volk der Massai, der als Vater von acht Töchtern in Kevin den scheinbar vom Himmel gefallenen Ersatzsohn sieht. Der sprachbegabte junge Mann lernt nicht nur Suaheli und Maa, sondern auch alles, was ein echter Massai zwischen Manyatta und Savanne zum Überleben braucht. Die mit dem noch ausstehenden Initiationsritus verbundene Beschneidung lässt ihn allerdings aus seiner neuen Familie zurück nach Schweden fliehen, wo er in seiner alten Wohnung ausgerechnet Viktors sehr junge Ex-Frau Jenny trifft, die aus der Ehe mit einer Abfindung von 50 Öre hervorgegangen ist. Gemeinsam schmieden sie Rachepläne, bei denen der einstige Werbe-Guru Hugo mit seiner neuesten Geschäftsidee, der „Rache ist süß“ GmbH , eigentlich das große Geld verdienen will. Trotzdem nimmt er aus zunächst ganz eigennützigen Motiven die beiden Pechvögel als kostenlose Arbeitskräfte unter seine Fittiche. Zwei unsignierte Gemälde, die der expressionistischen Malerin Irma Stern zugeschrieben werden, vielleicht aber auch dem vielseitig talentierten Medizinmann, spielen dabei eine Schlüsselrolle. Für Intrigen und Gemeinheiten sind eigentlich sowohl Kevin als auch Jenny zu naiv, doch die beiden eher weltfremden jungen Leute wachsen mit den Aufgaben. Mit der Ankunft Ole Mbatians, der in Schweden nach seinem verlorenen Sohn sucht und auch bei Minusgraden nicht auf die traditionelle Shuka verzichtet, nimmt die chaotische Entwicklung des geplanten Rachefeldzugs noch einmal an Fahrt auf. Vor allem, da der alte Medizinmann mit seiner absoluten Ehrlichkeit in der modernen schwedischen Gesellschaft noch exotischer wirkt als mit dem über die Schulter geschwungenen rot-schwarzen Tuch und der Wurfkeule, die normalerweise Löwen und Büffeln Respekt einflößen. Der Massai, der nicht lügen kann und in Schweden erst einmal einen Kulturschock erlebt, sorgt dabei zwar für ein paar zusätzliche Probleme, aber auch für unorthodoxe Problemlösungen. Kunstdiebstahl und Rechtsextremismus, kulturelle Missverständnisse und die Auseinandersetzung mit der Moderne – bei allem Augenzwinkern enthält „Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung noch offen hatte“ auch nachdenkliche Töne. Und natürlich ein Happy End

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.