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Rezension zu
Vernichtung

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Thematisch überraschend & hochspannend, als möglicher Abschluss aber etwas unbefriedigend

Von: Büchermonster
24.11.2020

Was haben die vom schwedischen Bestsellerautor Stieg Larsson erschaffenen Charaktere Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist mit einer Expedition auf dem Mount Everest zu tun? Im ersten Moment nichts, im zweiten eigentlich auch nicht und selbst nach reiflicher Überlegung dürfte Leser:innen der weltberühmten „Millennium“-Reihe wohl kein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen den Kultfiguren und dem höchsten Berg der Erde einfallen. „Vernichtung“, der insgesamt sechste Band der Serie, bringt aber genau diese völlig gegensätzlichen Elemente in einen Zusammenhang – und das Ergebnis ist überraschend plausibel. Lisbeth Salander, Mikael Blomkvist und der Mount Everest Wie wohl die meisten wissen ist der schwedische Journalist und Schriftsteller Stieg Larsson unerwartet an den Folgen eines Herzinfarkts verstorben, bevor seine Kriminalromane „Verblendung“, „Verdammnis“ und „Vergebung“ veröffentlicht und innerhalb kürzester Zeit zu absoluten Weltbestsellern mit Millionen von verkauften Exemplaren wurden. Angeblich hatte Larsson sogar geplant, insgesamt zehn Bücher um die Hackerin Lisbeth Salander und den Investigativjournalisten Mikael Blomkvist zu schreiben und nach Streitereien um das Vermächtnis des Autors war es schließlich der Schwede David Lagercrantz, der mit dem Segen der Familie Larsson rund zehn Jahre nach dessen Tod für eine Fortsetzung der ursprünglichen Trilogie sorgte. Ein arbeitsmüder Journalist und ein unerbittliches Schwestern-Duell Nach „Verschwörung“ und „Verfolgung“ ermitteln in „Vernichtung“ nun also zum insgesamt sechsten Mal die bekannten Hauptfiguren, wie man es von den bisherigen Büchern schon kennt gehen beide Protagonisten aber wie gewohnt eher ihren eigenen Weg und treffen kaum persönlich aufeinander. Während Lisbeth Salander immer noch damit beschäftigt ist, ihrer verhassen Schwester Camilla hinterherzujagen und das ewige Duell der beiden Töchter des kriminellen Verschwörers und ehemaligen russischen Spions Alexander Zalatschenko mit kompromisslosen Mitteln endgültig zum Abschluss zu bringen, ist Journalist Blomkvist seiner Arbeit müde geworden. Seine aktuelle Reportage will nicht so richtig vorankommen, der jahrelange Widerstand gegen Falschinformationen, Manipulation und kriminelle Machenschaften hat Kraft gekostet und zur (wieder einmal) untergetauchten Lisbeth ist der Kontakt nahezu komplett abgebrochen. Auch als auf einem öffentlichen Platz in Stockholm die Leiche eines Obdachlosen aufgefunden und bei dem Opfer ein Zettel mit Mikaels Telefonnummer entdeckt wird, fällt es Blomkvist schwer, Interesse für die Nachforschungen einer engagierten Rechtsmedizinerin aufzubringen. Erst als immer mehr Anzeichen auf eine unglaubliche Vergangenheit des Toten hindeuten, stellt der Journalist eigene Ermittlungen an – mit nicht für möglich gehaltenen Ergebnissen… Politische Verschwörungen und ein mörderischer Berg Und wie passt nun der Mount Everest in diese Geschichte? Nun, das soll an dieser Stelle aus Gründen der Spannung nicht verraten werden, eines sei jedoch gesagt: David Lagercrantz gelingt es auf beeindruckende Weise, Geschehnisse einer Himalaya-Expedition mit Mikaels Recherchen in Schweden zu verbinden und je mehr man über die Zusammenhänge erfährt, desto schwerer fällt es, „Vernichtung“ wieder aus der Hand zu legen. Wenn man sich auch nur im Entferntesten fürs Extrem-Bergsteigen und die Naturgewalt des Everest begeistern kann, dann ist dieses Buch vor allem eines: unglaublich spannend. Der Handlungsstrang rund um die Expedition erzeugt zudem eine beklemmende Atmosphäre und der Autor schafft es sehr gut, die lebensfeindliche Umgebung anschaulich und zugleich dramatisch darzustellen – was sich vielleicht auch dadurch erklären lässt, dass Lagercrantz in seinem allerersten Werk „Allein auf dem Everest“ über das Leben des schwedischen Abenteurers und Extrembergsteigers Göran Kropp geschrieben hat und somit über Informationen aus erster Hand verfügte. Ohne Stieg Larsson, aber trotzdem mit Millennium-Flair Eines gilt aber auch beim dritten „Millenium“-Band aus der Feder dieses Autors: David Lagercrantz ist nicht Stieg Larsson und so merkt man auch weiterhin einen etwas anderen Stil der beiden Schriftsteller. Während der Urheber der Reihe sehr viel Aufmerksamkeit auf Recherche und seine Charaktere gelegt hat, sind die drei Bücher seines literarischen Erben nicht ganz so tiefgehend und insgesamt etwas actionreicher. Das mag weiterhin nicht jedem Larsson-Fan gefallen, allerdings ist der Action-Anteil im Vergleich gerade zum ersten Salander/Blomkvist-Roman von Lagercrantz hier deutlich geringer und Mikael darf nach leichten Anlaufschwierigkeiten wieder seine außergewöhnlichen journalistischen Fähigkeiten unter Beweis stellen und es erzeugt nach wie vor eine enorme Sogwirkung, ihn dabei über die Schulter schauen zu dürfen. Im Norden nichts Neues Wer dabei allerdings etwas zu kurz kommt, ist Lisbeth Salander. Wenn man sich die bisherigen Bücher anschaut, hatte die eigenwillige Hackerin zwar schon immer rein an den Seitenzahlen gemessen den geringeren Anteil an den Erzählungen, hat dies mit ihrer starken und auffälligen Präsenz und ihrer komplexen und auch tragischen Geschichte immer mehr als ausgeglichen. Diesmal ist Lisbeth aber über weite Strecken eher Randfigur, die immer mal wieder ihren eigenen Rachefeldzug verfolgt und parallel die Tätigkeiten Blomkvists überwacht und ihn (wie schon so häufig) wenn nötig einen Stoß in die richtige Richtung gibt. Dazwischen gibt es wieder etwas Sex und (für ihre Opfer) schmerzhafte Vergeltung an Männern, die Gewalt gegenüber Frauen ausgeübt haben. Darüber hinaus bietet „Vernichtung“ aber wenig Neues aus dem Leben von Lisbeth Salander, woran auch das dramatische Finale dieses Buches nicht viel ändert. Insgesamt hat man ein wenig das Gefühl, die Figuren leben hier viel von ihrer bewegten Vergangenheit – zu der Lagercrantz allerdings auch selbst einiges beigetragen hat – und zeigen wenig neue Facetten. Abschied von der „Millennium“-Reihe… Glaubt man der eigenen Aussage von David Lagercrantz, so ist „Vernichtung“ auch sein letzter Beitrag zur „Millennium“-Reihe. Gemessen daran ist sein drittes Buch mit Salander und Blomkvist zwar qualitativ ein würdiger Abschluss, weil die Geschichte erneut sehr mitreißend ist und die Serien-typische Suchtwirkung erzeugt, in Bezug auf die außergewöhnlichen Protagonisten ist das Ende dieses Romans jedoch etwas dünn. Zwar gibt es für manche reihenübergreifenden Handlunggstränge einen endgültig wirkenden Schlusspunkt, gerade was die beiden Hauptfiguren betrifft bleiben aber noch einige Fragen offen – so ist das Ende dann in dieser Hinsicht irgendwie nichts Halbes und nichts Ganzes und auch recht schnell abgehandelt. … oder nur das Ende der Lagercrantz-Ära? Allerdings gibt es Gerüchte, wonach die Erben Stieg Larssons bereits mit neuen Autoren und Verlagen über eine erneute Fortsetzung der Reihe auch ohne David Lagercrantz verhandeln. Das erklärt dann wiederum den etwas halbgaren Abschluss und macht Hoffnung auf ein erneutes Wiedersehen mit Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist. Bleibt zu hoffen, dass das Vermächtnis Larssons dann in ebenso guten Händen sein wird wie es das bei Lagercrantz war, der mit seiner neuen Trilogie die Reihe insgesamt sehr würdig fortgeführt hat – und auch „Vernichtung“ ist insgesamt ein über weite Strecken herausragend spannender Thriller, dessen kleine Schwächen lediglich im Vergleich zur Originaltrilogie offenbar werden.

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