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Rezension zu
London Underground

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Packender und intelligenter Verschwörungsthriller unter den Straßen Londons

Von: Büchermonster
11.06.2015

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert – eine Redewendung, die Detective Nick Belsey auf den Leib geschrieben zu sein scheint: Nach einigen Eskapaden in der jüngeren Vergangenheit (u.a. auch im Vorgängerroman „London Killing“) ist der Polizist vom Dienst suspendiert, darf keine eigenen Ermittlungen mehr leiten und bestenfalls ein paar kleinere Fälle bearbeiten. Da scheint es nur fair, dass das Schicksal es ausnahmsweise offenbar mal gut mit ihm meint und ihn während einer spektakulären Verfolgungsjagd durch die Straßen Londons auf eine kleine unterirdische Schatzkammer stoßen lässt – mit umfangreichen Alkohol- und Medikamentenvorräten, die man entweder selbst konsumieren oder für gutes Geld verticken kann, und die nach der etwas verqueren Belsey-Logik den perfekten Ort für ein romantisches Date mit seiner jungen Geliebten darstellt. Das klappt aber gerade mal so lange, bis er seine Begleitung in den düsteren Gängen aus den Augen verliert und diese offenbar von dem Mann verschleppt wird, den Belsey wenige Stunden zuvor noch bis in den versteckten Bunker verfolgt hatte. Der von seinem Arbeitgeber ohnehin nur noch geduldete Ermittler steckt also ein weiteres Mal in der Klemme: Er muss seine Freundin wiederfinden, und zwar bevor der wahnsinnige Entführer seine kurz darauf folgende Morddrohung in die Tat umsetzt und möglichst ohne dass andere etwas von dieser peinlichen Angelegenheit mitbekommen – denn es macht sich bestimmt nicht gut in der eh schon wenig schmeichelhaften Personalakte, wenn Nick nun auch noch die Entführung einer jungen Frau zu verantworten hat. In „London Underground“, dem zweiten Nick-Belsey-Krimi aus der Feder des Engländers Oliver Harris, darf man als Leser also ein weiteres Mal die durchaus kuriosen Ermittlungen des etwas anderen Polizisten verfolgen, die oft ebenso wenig mit dem Gesetz zu vereinbaren sind wie im Vorgänger „London Killing“, als Belsey sich mit der Identität eines russischen Oligarchen absetzen wollte. Während man sich also nach Nicks befremdlicher und in der Katastrophe endenden Abendplanung fragt, wie so ein verantwortungsloser Trottel überhaupt in den Dienst des Criminal Investigation Departments (CID) geraten könnte, jagt Belsey wieder munter von einem Fettnäpfchen zum nächsten. Wer befürchtet, dass dieser Thriller also schnell zum plumpen Klamauk verkommen könnte, wird sich aber spätestens nach dem ersten Drittel der Geschichte verwundert die Augen reiben. Belseys Methoden mögen vielleicht zweifelhaft sein, als dieser aber auf Hinweise stößt, dass hinter der Entführung seiner Eroberung möglicherweise weitaus Größeres stecken könnte, entpuppt sich dieser aber als erstaunlich guter Ermittler, der nicht nur hartnäckige, sondern auch handlungsschnelle und kombinationssichere Fallarbeit abliefert. Eine weitere Überraschung ist, dass „London Underground“ nicht nur eine einfache Entführungsstory bietet, sondern sich mit fortschreitender Handlung fast schon zu einem waschechten Geheimdienst-Thriller entwickelt, der nicht nur mit der „Kalter Krieg“-Thematik zuweilen an klassische Spionageromane wie z.B. von John le Carré erinnert. Oliver Harris erzählt hier eine wirklich originelle und vor allem auch interessante Geschichte, die selbst für eingefleischte London-Fans noch einige Überraschungen auf Lager haben dürfte, da man diese verborgene Seite der englischen Hauptstadt vermutlich sonst noch nirgendwo erlebt hat – und dass diese zu großen Teilen auch auf verbürgten historischen Fakten und Tatsachen beruht, dürfte „London Underground“ nur noch spannender machen. Doch auch Freunde des oberirdischen Londons kommen wieder auf ihre Kosten, da Harris seine Schauplätze stets sehr genau beschreibt und man die Bewegungen Belseys anhand der erwähnten Straßennamen nahezu auf den Meter genau auf einer Straßenkarte nachvollziehen könnte. Dass die Geschichte erst ein wenig Anlauf benötigt, um wirklich in Fahrt zu kommen und dass Belseys Entwicklung vom peinlichen Polizisten-Trottel zur knallharten und auch von Schusswunden nicht aufzuhaltenden Ein-Mann-Armee vielleicht ein wenig übertrieben ist, sei angesichts der faszinierenden Erkenntnisse und des ansonsten wohltuend intelligenten Plots gerne verziehen.

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