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Rezension zu
Altes Land

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Vom Flüchten, Suchen und Ankommen

Von: papercuts1
20.06.2015

Eine Geschichte über zwei zwei Frauen, die fliehen und lange brauchen um anzukommen. Ein Roman mit zwei Seiten: Die eine wie eine knorrige alte Geschichte über Land und Leute, aus dem Munde einer barschen, weisen Großmutter erzählt; die andere feinsinnige, spöttische Beobachtung moderner Stadtmütter zwischen musikalischer Früherziehung und Bio-Feinkost. Zwei Frauen, zwei Flüchtlinge Da haben wir als erstes Vera, die wir 1945 als kleines Mädchen bei der Ankunft auf dem Hof im ‘Alten Land’ begegnen. Verlaust und ausgehungert nach einer Flucht durch den Schnee, wo das kleine Geschwisterchen am Wegesrand erfroren zurückgeblieben ist. Mit einer Mutter, die sich mit der Hofbesitzerin, ihrer Schwiegermutter, in einen Krieg stürzt und schließlich verschwindet. Vera bleibt zurück, bei der alten Ida und dem im Krieg schwer traumatisierten Ziehvater. Der zweite Flüchtling ist Veras Nichte Anne, ehemalige Musikstudentin, gelernte Schreinerin. Auch sie strandet auf dem Hof, hinter sich eine gescheiterte Ehe, die sowieso nie Wurzeln hatte, erst recht nicht im hippen Hamburger Stadteil Ottensen. Im Schlepptauch: ihr Sohn, ein zartes Stadtkind, das im ‘Alten Land’ allmählich erblüht. Zaghafte Annäherung Durch die Zeit hindurch, umgeben von kommenden und gehenden Begleitfiguren, deren Nähe immer nur flüchtig anmutet, driften diese zwei Frauen aufeinander zu wie zwei Schiffbrüchige. Verbunden von dem Gefühl von Heimatlosigkeit, von Verlust und fehlendem Vertrauen, fällt beiden eine Bindung schwer. Sich selbst zu kennen, zu sich zu stehen und sich zu werten ist für beide eine Herausforderung. Unzuverlässige, schwierige Mütter haben sie beide geprägt. Es sind Frauen mit Fehlern, nicht leicht zu nehmen, mit Stacheln und darunter verborgener Unsicherheit. Es braucht eine ganze Geschichte, bis sie sich treffen und aufeinander zugehen. Als sie es tun, in kleinen Schritten, fühlt es sich an wie ein sich schließender Kreis. Erdige Lyrik In punktgenau poetischer Sprache, ebenso harsch wie klingend, portraitiert Dörte Hansen diese zwei Frauen und ihre Umgebung. Mit wenigen markanten Sätzen lässt sie Figuren aufleuchten, fängt das ‘Alte Land’ in erdbraun und kirschrot ein. Der alte Hof wird in Hansens Händen zur eigenen Figur, kalt und abweisend zu Beginn, zum Schluss eine sichere Basis, eine Möglichkeit von Heimat und Willkommen. Eine Stimme wie das Alte Land Vom rauen Wind gegerbt und ohne Blatt vor dem Mund ist diese Sprache, und die perfekte stimmliche Ergänzung dazu ist Sprecherin und Schauspielerin Hannelore Hoger. Nicht nur beherrscht sie das Plattdeutsch und den Hamburger Akzent. Es ist – neben ihrer dunkel gefärbten Stimme – auch ihre Erzählweise: Sie lässt den Worten Zeit, um zu wirken. Übers Knie gebrochen wird hier nicht ein einziger Satz. Ungeduldige Hörer mag diese etwas altmodisch wirkende Vortragsweise nerven. Diejenigen mit Geduld und Sinn für langsamen Genuß werden finden, dass Text und Lesung sich in beglückender Harmonie begegnen. Fazit: Ein Roman über das Fliehen, Suchen und Ankommen. Über Heimat und Heimatlosigkeit, tatsächliche und gefühlte. Eine Geschichte von Einsamkeit, Familie und Freundschaft. Und eine norddeutsche Landschaftsmalerei, gepinselt in den Tönen seines Grund und Bodens. Ein Hörbuch für stille Abende mit Zeit und Raum zum Zuhören. Leider gekürzt, und vielleicht kommt daher der Eindruck, manche Passagen huschten unpassend schnell vorbei in dieser Geschichte, die sich nicht zur Hetze eignet. Man würde gerne über die volle Länge verweilen.

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