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Rezension zu
Die andere Seite des Himmels

mit wahren Elementen und viel Atmosphäre und Gefühl. Ein erstklassiger Roman.

Von: Floh
19.07.2015

Wenn es einer Autorin gelingt, den Grat zwischen Vergangenheit und finsterer Erlebnisse und die nagende Situation der Gegenwart in einem Roman zu vereinen, dann ist es die gefühlvolle und ambitionierte Autorin Jeanette Walls. Wer ihre Romane kennt, der weiß was ihn auch in ihrem besonderen Roman „Die andere Seite des Himmels“ erwarten wird. Die Autorin hat sich einen Namen geschaffen und bleibt ihrem Stil und ihrer Passion treu. Erschienen im Diana Verlag (http://www.randomhouse.de/diana/) Inhalt: „Die Kindheit ist ein Ort, an den wir immer wieder zurückkehren - Die zwölfjährige Bean und ihre Schwester Liz können gut auf sich allein aufpassen – und das müssen sie auch. Denn im Leben ihrer Mutter ist nur Platz für Träume, nicht für ihre Töchter. Bean und Liz wundern sich nicht, als sie nach einem Streit wieder einmal die Flucht ergreift. Dass sie jedoch wochenlang verschwindet, ist neu. Mutig schlagen sich die beiden Mädchen quer durch Amerika von Kalifornien bis nach Virginia durch, wo sie ihr liebenswerter Onkel unbeholfen aufnimmt. Endlich lernen Bean und Liz ihre Familie kennen. Doch gerade als sie sich zuhause fühlen, taucht ihre Mutter wieder auf …“ Schreibstil: Der Autorin ist ein Roman der düsteren, aber auch sehr emotionalen Töne gelungen, der nicht nur aufgrund der authentischen Geschichte und der bewegenden Begebenheiten intensiv erscheint. Besonders der geschickte Aufbau des Romans, bei dem zwischen Vergangenheit und dem gegenwärtigem Zeitpunkt ein schmaler Grat bewältigt wird. Durch Gedanken, Erzählungen, Protokolle und Sinnbilder wird diese Geschichte aus Bean Holladays Sicht erzählt. Dieser Schachzug der Autorin Jeanette Walls erzeugt absolute Nähe und Verbundenheit zur Tragik und Dramaturgie des Heranwachsens der beiden Schwestern und den familiären Problemen mit der exzentrisch erscheinenden Mutter, die von heute auf morgen aus dem Leben der beiden Teenager Bean und Liz verschwindet. Die Beschreibungen des harten Lebens, des Verlustes, das Leben bei dem Onkel, das Erwachsenwerden, mit all seinen Entbehrungen und Traditionen sind von der Autorin voller Verbundenheit und Herzblut niedergeschrieben und werden so enorm nachempfindbar für den Leser. All diese Facetten der Schriftstellerei versetzten mich während des Lesens wahrlich in die Zeit der 70iger Jahre zurück, da die Autorin die Aufbruchstimmung der Hippiezeit und des impulsiven Kaliforniens und den alleinigen Weg der beiden Schwestern nach Virginia in passende Worte einzufangen weiß. Meinung / Eindrücke: Das Buch ist definitiv kein reißerischer oder lebhafter Roman, es ist ein Werk der ruhigeren Töne, der großen Emotionen und der beschatteten Ereignisse. Die Ängste und Hoffnungen von Bean und Liz wirken still und somit umso eindrücklicher, schwermütiger. Dieses Buch gut, richtig gut. Es konnte mich sofort von der ersten Seite packen, fesseln, den Kopf schütteln lassen, hoffen, entsetzen, bewundern, wütend werden lassen, traurig machen und mit Funkeln und Hoffnung versehen. Man merkt sofort, dass die Autorin weiß wovon sie erzählt, da sie sehr ähnliches als Kind erlebt hat, und daher ehrliche und reale Gefühle in ihren Worten wiederspiegeln lässt. Meiner Meinung nach stellt dieser Roman ein berührendes und zugleich erschreckendes Portrait einer verurteilten Seele dar, das mich dank der hohen Erzählkunst in ganzer Linie überzeugen konnte. Klare Leseempfehlung für all diejenigen, die sich auf einen leisen und dennoch eindringlichen Gesellschaftsroman samt hoher Erzählkunst einlassen wollen. Nebst dem auktorialen Erzählstil besticht vor allem die gut gewählte Ich-Perspektive, die dem Leser Beans Innenleben sehr poetisch näher und die unter Eis gefangenen Emotionen und Gedanken langsam an die Oberfläche bringt. Ein Buch, welches für Beklemmungen aber auch großartige Vielfalt und atmosphärischer Schauplätze und Kulissen sorgt. Ein wunderbares Lesehighlight von Stärke, Mut und Zusammenhalt. Kritikpunkt: Da die Thematik doch sehr erdrückend und ernst ist, gerade als Liz Opfer eines Vergewaltigungsversuchs wird, hätte ich mir hier doch etwas mehr Tiefe und Intensität gewünscht. An manchen Stellen wirken die Themen, die dieses Buch ausmachen sehr blass. So werden Themen wie Armut, soziale Unterschiede, Geisteskrankheit und Rassentrennung speziell in den Südstaaten um 1970 angesprochen, jedoch unzulänglich ausgeführt. Hier möchte man gerne mehr Hintergrund erfahren, was jedoch sicherlich den Rahmen und den eigentlichen Kern der Geschichte verfehlen würde… Die Charaktere: Beide Protagonistinnen mochte ich sehr gern und habe schnell Bezug zu Bean und Liz bekommen. Aber auch in die Situation der egoistisch erscheinenden Mutter konnte ich mich gut versetzen. Ob ich ihre Aktionen und Beweggründe verstehe steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Bean und die ältere Schwester Liz polarisieren, und ich habe sie beide sehr für Ihre Stärken bewundert. Sehr gut gelungen ist es der Autorin Jeanette Walls, aufzuzeigen, wie unterschiedlich sich Bean und Liz im Laufe der Geschichte entwickeln, wie die Rollen sich umdrehen, sie beide füreinander sorgen und sich brauchen. Bean tritt vorwiegend als Ich-Erzählerin auf, das wirkt sehr nah und eindringlich, jedoch keinesfalls aufdringlich. Stark, selbstbewusst, realistisch und mit großem Sinn für Gerechtigkeit, so werden wir Bean erleben. Bewundernswert finde ich sowieso, wie beide ihr Leben meistern, durch dick und dünn gehen, sich behaupten und sich nicht klein kriegen lassen und einiges wagen, was die Erwachsenen in ihrem Umfeld sich nicht trauen. Eine Botschaft, die sich jeder Leser zu Herzen nehmen kann. Für ihr Alter zeigen Bean und auch Liz eine sehr ehrliche und wahre Reife, die sie durch die ganzen tragischen Erfahrungen und Schicksale geformt haben. Die Protagonistinnen sind kluge und selbstbewusste Frauen geworden, die für die damaligen Verhältnisse sehr eigenständig und couragiert waren. Somit hat die Autorin eine sowohl starke als auch vielschichtige Hauptfigur als Erzählerin gewählt, deren Leben zu einem Roman wird. Auch die anderen Charaktere, denen Bean auf ihrer Reise zusammen mit Liz begegnet, sind lebhaft skizziert. Die Autorin: „Jeannette Walls wurde in Phoenix, Arizona, geboren. Sie studierte am Barnard College und arbeitete über zwanzig Jahre als Journalistin in New York. 2006 erschien ihr Debüt Schloss aus Glas, das zum internationalen Bestseller avancierte und in dreiundzwanzig Sprachen übersetzt wurde. Walls lebt in Virginia.“ Das Cover: Eine düstere Leichtigkeit versprüht dieses Bild trotz der gedeckten Farben. Einladend und gut gewählt. TOP. Fazit: Ein sehr emotionales, leises und bestimmtes Buch. Die Autorin hat Wiedererkennungswert und setzt sich auch mit „Die andere Seite des Himmels“ ein Mal. Eine 4 Sterne Leseempfehlung, gern hätte ich noch viele Seiten mehr genossen!

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