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Rezension zu
Eine kurze Geschichte der Menschheit

Teilweise hochinteressant, insgesamt zu ambitioniert

Von: Lesemanie
24.07.2015

Auf 508 Seiten führt Yuval Harari den Leser durch 100.000 Jahre Menschheitsgeschichte. Die beginnt mit dem Menschen als ziemlich unauffälligem Tier unter anderen Tieren. Das ändert sich erst mit der ersten von insgesamt drei Revolutionen, die Harari als Schlüsselerlebnisse für die Menschheitsgeschichte definiert: der kognitiven Revolution vor 70.000 Jahren, gefolgt von der landwirtschaftlichen Revolution vor 12.000 Jahren und schlussendlich der wissenschaftlichen Revolution vor knapp 500 Jahren. Die kognitive Revolution bezeichnet die Entstehung neuer Denk- und Kommunikationsformen, mit deren Hilfe der Homo Sapiens sich von Afrika aus bis nach Europa und Asien ausbreiten konnte und sich dabei gegen die dort bereits lebenden Neandertaler und andere Menschenarten durchsetzte. Nach dieser kognitiven Entwicklung erfand der Homo Sapiens Boote, Öllampen, Pfeil und Bogen und Begann auch damit, vor etwa 45.000 Jahren, Kunst und Schmuck herzustellen. Etwa zur selben Zeit müssen sich erste Religionen, Handel und gesellschaftliche Schichten in unterschiedlich starker Ausprägung gebildet haben. Die landwirtschaftliche Revolution bezeichnet den Wandel von Jägern und Sammlern zu sesshaften Ackerbauern. Nachdem zunächst Weizen und Ziegen domestiziert wurden, folgten vor rund 10.000 Jahren Erbsen und Linse, vor 6.000 Jahren domestizierte der Homo Sapiens die ersten Pferde und vor 5.500 Jahren schließlich wurde der erste Wein angebaut. Die wissenschaftliche Revolution, die um 1500 herum einsetzte, hat die Menschheit davon überzeugt, dass Wissen mit Macht gleichzusetzen ist. Laut Harari ging es der Menschheit vor diesem Zeitpunkt nicht darum, neues Wissen zu erwerben sondern eher, bestehendes Wissen zu bewahren. Seit der wissenschaftlichen Revolution hat sich dies geändert und drei Eigenschaften der modernen wissenschaftlichen Tradition sind ausschlaggebend: Das Eingeständnis der Unwissenheit (alles, was wir zu wissen glauben, kann durch neue Erkenntnisse widerlegt werden), die zentrale Bedeutung von Beobachtung und Mathematik (Beobachtungen werden mit Hilfe mathematischer Instrumente zu allgemeingültigen Theorien verbunden), und der Erwerb neuer Fähigkeiten (die allgemeingültigen Theorien werden für den Erwerb neuer Fähigkeiten und zur Entwicklung neuer Technologien genutzt). Eine kurze Geschichte der Menschheit ist ein ambitioniertes Buch. Harari berücksichtigt schließlich nicht nur historische Fakten, sondern geht auch teils sehr philosophisch an das Erläuterte heran - so stellt er zum Beispiel in Frage, ob sich die Lebensqualität der Menschen durch die landwirtschaftliche Revolution tatsächlich zum Besseren verändert hat. Auch die in den letzten Jahren immer beliebter gewordene Glücksforschung bezieht er mit ein und sie dominiert den letzten Teil dieses Buches. Durch diese vielseitige Herangehensweise reißt Harari eine Menge interessanter Themen an und er bietet Thesen, mit denen man übereinstimmen kann, aber nicht muss, und die definitiv zum Nachdenken anregen. Zugleich ist dieses bunte Gemisch jedoch auch die größte Schwäche des Buches. Harari verfranst sich in manchen Theorien und wird so dem Anspruch, eine kurz-knackige Übersicht zur Menschheitsgeschichte zu bieten, nicht gerecht. Dafür scheint ihm dann an anderen Stellen die Zeit, oder der Raum, zu fehlen, um ausführlicher zu berichten. So werden beispielsweise komplexe historische Ereignisse wie die französische Revolution so verkürzt dargestellt, dass sie Hararis Theorien untermauern können, der Sache an sich jedoch nicht gerecht werden und ein teilweise verzerrtes Geschichtsbild abgeben. Vermutlich auch dieser extremen Verknappung geschuldet, sind Begrifflichkeiten und Bilder nicht immer sehr glücklich gewählt. Ein Großteil der Formulierungen derer Harari sich bedient, um komplexe Sachverhalte auch für absolute Geschichts-Beginner begreiflich zu machen, sind zu einfach und eindeutig - für eine umfassende Darstellung von Geschichte muss man auch Grautöne verwenden. Insgesamt ein teilweise hochinteressantes Buch, das jedoch meinen Erwartungen leider nicht ganz gerecht wurde.

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