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Rezension zu
Der letzte Regent

(Lese)technische Herausforderung, aber großartige Science Fiction

Von: Hirilvorgul
27.07.2015

Inhalt: Xavis V Xavius ist Chronist. Mehr noch: er wird sogar der Erste Chronist des Enduriums, dieses Menschenreiches, das sich über unendliche Weiten und verschiedenste Welten erstreckt. Diese Welten sind miteinander vernetzt, dank des Mesh gelangen Nachrichten in Windeseile auch in die entlegensten Winkel des Endurium. Die Menschheit ist nicht mehr so, wie wir sie kennen. Es gibt Vivis – die Lebenden, die mittels Mikrocomputern (den sogenannten Schwärmen) Fähigkeiten entwickelt haben, die wir uns nicht vorstellen können. Sie leben mit diesen Maschinen in Symbiose. Dann gibt es die Mortis, die die Köpfe der Gesellschaft stellen und durch einen kontrollierten Tod in einen nahezu unsterblichen Zustand gelangen. Sie verlieren jegliche Emotionen und Gefühle, erreichen jedoch eine unglaubliche Intelligenz. Zusammengehalten wird das Endurium durch den Regenten. Der derzeitige ist seit 500 Jahren der Kopf der Gesellschaft. Er hält die Phalanx zusammen, in der die Morti verbunden sind. Und er kennt Geheimnisse, die nur dem Regenten zugänglich sind. Zentrum der Macht ist die Stille Stadt auf der Erde, einer verwüsteten Erde. Hier sind die Vertreter der 26 Familien ansässig, aus deren Reihen der Regent kommen muss, sowie der 2000 Jahre alte "Schläfer", und wohl eines der größten Geheimnisse dieser Welt darstellt. Und dann gibt es in diesen Welten auch noch „Splitter-Menschen“. Diese ähneln uns am ehesten. Sie haben sich den ursprünglichen Zustand erhalten, denn sie wollen nicht mit Maschinen in Symbiose leben und gehören dem Endurium nicht an. Xavis, die Hauptperson dieses Buches, ist die Stimme der Wahrheit im Mesh – zumindest glaubt er das. Er ist dem Regenten treu ergeben, verbreitet sein Lob und berichtet über den Krieg gegen die Ayunn, die seit 2000 Jahren die Menschheit bedrohen. Xavis erlebt den glücklichsten Tag seines Lebens, als er vom Regenten zum Ersten Chronisten ernannt wird. Doch das Glück währt nicht lange, denn der Regent wird noch am selben Tag ermordet. Alles deutet daraufhin, dass es Splitter-Menschen waren, doch dann gibt es plötzlich Beweise, die auf Xavis als Mörder hinweisen… Meine Meinung: Dieses Buch ist anders, als alles, was ich bisher an Sience Fiction gelesen habe. Man muss schon sehr technik-affin sein, um sich überhaupt durch die ersten Kapitel zu kämpfen. Hinzu kommt die adaptive Schizophrenie des Chronisten Xavis, durch die sich sein innerer Assistent zu verselbständigen beginnt und der Leser somit mit zwei „Personen“ konfrontiert wird. Als Xavis dann noch einen Schock erleidet und immer wieder in Trance fällt und in einer Scheinwelt unterwegs ist, kam bei mir die komplette Verwirrung auf. Die Story an sich ist jedoch grandios. Künstliche Intelligenz, die sich verselbstständigt, eine Welt in der die Toten das Leben steuern, ein nahezu allwissender Regent und im Gegensatz dazu Menschen, die sich all dem zu entziehen versuchen - das ist Stoff für eine große Geschichte. Brandhorst lässt uns durch Xavis die Welt sehen, das Endurium, wie er es kennt, liebt und verteidigt. Aber die Welt ist im Wandel – langsam, über Jahrhunderte, aber unaufhaltsam. Xavis muss erfahren, dass sein Chronisten-Wissen längst nicht so umfassend ist, wie er glaubt, dass nicht alles so ist, wie es scheint und dass manche der Wahrheiten wohl auf Lügen basieren. Er verändert sich und wir als Leser können daran teilhaben. Dieser Wandel ist glaubhaft erzählt und Xavis ist der Sympathieträger dieser Geschichte. Geschickt versteht Brandhorst, Lügen zu entlarven, Verstecktes ans Licht zu bringen und Zweifel beim Chronisten zu säen. Hinzu kommen die wunderbaren Verschwörungstheorien des Chronass (Xavis innerem Assistenten), die einem Fox Mulder zur Ehre gereichen würden ;-) Xavis lernt Wesen und Welten kennen, die er bisher höchstens in der Theorie kannte. Wären da nicht immer wieder diese mit technischen Details gespickten Abschnitte, die ich nur dank des Glossars einigermaßen verstanden und zugegebener Maßen streckenweise nur quer gelesen habe, dann wäre dieser Roman ein wahres Vergnügen gewesen. Das letzte Drittel ist es definitiv und das Ende ist in meinen Augen einfach großartig. Ich will nur so viel verraten: es ist kein Unbekannter, der das große Verhängnis der Menschheit heraufbeschworen hat. Summa summarum gibt es von mir dennoch nur 3,5 Sterner: 3 für die erste Hälfte, die zum Lesen so anstrengend war, dass ich das Buch beinahe bei Seite gelegt hätte, und 5 für das grandiose letzte Drittel. Fazit: Großartige Sience Fiction, die allerdings eine (lese)technische Herausforderung ist.

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