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Rezension zu
Wer ist Mr Satoshi?

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein solides Romandebüt mit markanten Stärken und Schwächen!

Von: Sophie VERStand
08.08.2015

„Wer ist Mr Satoshi?“ ist der Debütroman des jungen Autors Jonathan Lee (1981). Die Hauptfigur ist Robert Fossick (genannt Foss), 41, männlich und verwitwet. Er sieht sich mit dem plötzlichen Tod seiner Mutter konfrontiert, die ihm ein kleines Päckchen zurücklässt, das er einem Mr Satoshi übermitteln soll. Ohne weitere Ausführungen zu diesem Herrn oder dem Paket steht Foss also vor der großen Aufgabe, diesen Mann zu finden, bei dem man ob des Namens Satoshi einen Japaner vermutet. Was liegt also näher, als nach Japan/Tokio zu reisen und dort den Spuren zu folgen? Foss der eigentlich Fotograf ist, ist allerdings nach dem tragischen Tod seiner Frau Chloe in einer Abwärtsspirale aus Trauer, Depression und Tablettensucht gefangen und hat sich zum einsamen Einsiedler entwickelt, der in der Außenwelt nur noch unter Panikattacken leidet. Dem Leser ist also sofort bewusst, dass dieses Päckchen für den ominösen Satoshi sein Rettungsanker sein könnte, der ihm nicht nur dabei hilft, seine Bedürfnisse und Sehnsüchte kennenzulernen, sondern vor allem die seiner Mutter. Soweit der grobe Rahmen der Geschichte – ich werde nicht mehr viel zum Inhalt erzählen, dafür auf ein paar Besonderheiten des Romans eingehen: Beginnen wir mit den positiven Seiten: -Der Roman hat einen sehr starken Einstieg, die konkrete Problematisierung des Hauptkonflikts gleich zu Beginn macht den 1. Schritt in die Geschichte wunderbar einfach. -Die Hauptfigur ist besonders interessant – die Pillensucht ist weitaus stärker als einem anfangs bewusst ist und wird zu Beginn des Buches sehr eindrücklich geschildert und nimmt einen großen Teil der anfänglichen Romanhandlung ein. Ein wohlgeordnetes Leben kennt Foss nicht mehr. Wir begegnen der Hauptfigur also auf dem absoluten Tiefpunkt. -Herausragend ist die Sprache des Romans, diese hat mich am meisten überzeugt – es sind die Gedanken eines nachdenklichen Melancholikers, der lange Zeit in Einsamkeit lebte und das Leben in der Außenwelt mied. -Nicht nur von der Sprache, sondern auch von einigen Erzählmustern her erinnerte mich dieser Roman sehr an Haruki Murakami (insbesondere an seinen Roman „Mr. Aufziehvogel“), da Foss in Japan der jungen Literaturstudentin Chiyoko begegnet, die mit ihm das Abenteuer „Satoshi“ angeht. -Die Hauptfigur hat einen grandiosen, fotografischen Blick – so werden Menschen gern objektartig beschrieben und Gegenstände auf einzigartige Weise belebt. Ein toller Kontrast! -Es gibt viele literarische Anspielungen auf große Autoren: Robert Frost, William Wordsworth, Emily Dickinson, Walt Whitman, Samuel Beckett, Thomas Hardy, Vladimir Nabokov und einige mehr. Leider hatte dieser Roman auch ähnlich viele negative Seiten: -Mein größtes Problem war, dass der Roman bereits vor dem Lesen [durch die Rezensionen und durchweg positiven Stimmen auf dem Umschlag] und dann mit dem Lesen des großartigen Anfangs sehr, sehr hohe Erwartungen in mir geweckt hat, die ein Debütroman vielleicht noch nicht leisten kann. -Die Vergangenheit der Mutter von Foss ist eine einzige dramatisch-traurige Episode, derer man schnell überdrüssig wird. -Die Hauptfigur steht dermaßen im Zentrum, dass man das Gefühl hat, dass Satoshi letztlich die Figur ist, auf die in „Warten auf Godot“ alle warten, die dann aber nicht erscheint. -Foss ist dermaßen selbstsüchtig. Man hat oft das Gefühl, in seinem begrenzten Kosmos existiert nur er und als dieser Figur das einmal vorgeworfen wird, reagiert sie nicht mit großen Gefühlen darauf, sondern wird wütend und greift dann zum scheinbar einzigen Mittel: Sex [langweilig/stereotyp]. -Und diese Sexszene ist dermaßen plump, dass ich mir dann doch die Murakami-Sensibilität zurückgewünscht habe, die der Autor am Anfang noch bewies. -Die unterschiedlichen Konflikte des Romans scheitern an dem Versuch, sie gleichmäßig gewichten zu wollen. Ich hätte lieber eine totale Suchtepisode miterlebt (wie in „Naked Lunch“), mehr Eindrücke der Mutter gehabt oder Mr Satoshi näher kennengelernt, aber auf 317 Seiten kann sich einfach nichts entwickeln. Der Roman hat meiner Meinung nach gut 200 Seiten zu wenig. -Kurz vor spannenden, erkenntniswürdigen Augenblicken neigt der Ich-Erzähler dazu, plötzlich auf kleinste Details aufmerksam zu machen, die absolut nichts mit dem beobachteten Moment zu tun haben – ärgerlich. Das Hauptanliegen dieses Romans soll es vermutlich sein, sich bewusst zu machen, dass es Menschen im eigenen Leben gibt, die man über alles liebt und sein Leben lang nicht vergisst, egal was diese Menschen getan haben oder ob man sie aus den Augen verlor. Das ist meines Erachtens in diesem Buch viel zu kurz gekommen. Wenn ihr etwas sprachlich ausgefeiltes, wunderschönes lesen wollt, unbedingt zu diesem Buch greifen, wenn ihr ebenfalls Murakami mögt, könnte euch dieses Buch gut gefallen. Jedoch hat es markante Schwächen, die hätten vermieden werden können. Ein solides Romandebüt, aber längst nicht so herausragend, wie es angepriesen wurde.

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