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Rezension zu
Krähenmädchen

Ein gut durchdachter, rasanter Psycho-Thriller!

Von: Schattenkämpferin
05.09.2015

"Sie ist müde, doch tief im Innern weiß sie, dass sie nie tief genug wird schlafen können, um wirklich zu entkommen." (Seite 86) In Stockholm tauchen aus heiterem Himmel mehrere Jungenleichen auf – mit deutlichen Zeichen von Missbrauch und Gewalteinwirkung, eine Identifizierung ist nicht möglich. Selbst die harterprobten Ermittler sind bis ins Mark erschüttert und stehen vor einem großen Problem, denn keiner der Jungs wurde vermisst gemeldet. Es stellt sich schnell heraus, dass es sich um Einwanderer handelt – Jungen, die nirgends gemeldet sind und von niemandem vermisst werden. Kommissarin Jeanette Kihlberg, die auch privat mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, macht sich gemeinsam mit ihrem Team an den Fall, wird dabei aber immer wieder ausgerechnet von ihren Vorgesetzten behindert, denn wen interessieren schon Kinder, die eigentlich gar nicht in Schweden sein sollten? Einige ihrer Mitarbeiter werden zu anderen Fällen abgezogen, weshalb Jeanette ihre weiteren Ermittlungen auf andere Pfeiler stützen muss. Hilfe bekommt sie unerwartet von der Psychologin Sofia Zetterlund, deren Spezialgebiet multiple Persönlichkeitsstörungen sind und die auch Erfahrungen im Umgang mit Kindersoldaten hat. Eines der Opfer befand sich bei Sofia in Therapie, sodass diese Verbindung schnell hergestellt werden kann und Jeanette sie um ihre Mitarbeit bittet. Zeitnah verdichtet sich der Verdacht um den Täter, doch auch eine andere Patientin von Sofia scheint irgendwie in den Fall verwickelt zu sein. Immer tiefer geraten die beiden Frauen in den Sog der Ermittlungsarbeiten und decken dabei mehr Grausamkeiten auf, als ein einzelner Mensch ertragen kann. Aus verschiedenen Perspektiven erzählt und mit Rückblenden ausgestattet bleibt die Story zu jedem Zeitpunkt spannend, obwohl gerade die wechselnden Blickwinkel vor allem an Anfang ein wenig Verwirrung stiften. Doch man findet sich schnell zurecht, einer Seite folgt die nächste und die übernächste, und ehe man sich‘s versieht, ist man schon wieder ein Kapitel weiter. "Krähenmädchen" gehört zu den Büchern, die sich einfach nicht aus der Hand legen lassen, auch wenn sich einzelne Szenen hart an der Grenze des Erträglichen bewegen. Das Autorenduo Jerker Eriksson und Håkan Axlander Sundquist liefert im Auftakt der Victoria-Bergman-Trilogie wirklich alles, was ein guter Psycho-Thriller mitbringen muss, um das Leserherz höher schlagen zu lassen. Natürlich wurde das Rad hier nicht neu erfunden, mit Sicherheit werden Skeptiker und Kritiker zahlreiche Parallelen zu anderen großen Autoren finden – und doch hat der Roman seinen ganz eigenen Stempel, der im Kopf des Lesers zurückbleibt. Lebensnahe Probleme, die nichts mit der eigentlichen Ermittlung zu tun haben, könnten so manchen langweilen, fließen aber ziemlich gekonnt in die Geschichte ein. Möglicherweise gehören diese Seiten zu denen, die man ein bisschen schneller liest, weil man eigentlich viel lieber wieder in die Ermittlungen einsteigen möchte, um dem Täter endlich auf die Schliche zu kommen und ihm das Handwerk zu legen. Dabei beweisen die Charaktere zumindest partiell eine fast schon unangenehme Tiefe, allen voran Victoria Bergman kann den Leser mit ihren Erinnerungen auf der Stelle vereinnahmen. "Krähenmädchen" ist sicherlich kein einfaches Buch und Zartbesaitete sollten wohl lieber die Finger davon lassen. Das Cover suggeriert schon sehr deutlich, dass es auf den 480 Seiten nicht gerade rosarot, sondern eher düster zugehen wird. Welche Abgründe sich aber tatsächlich auftun, wird auch den hartgesottensten Leser überraschen. Es geht um sexuellen Missbrauch und seine Auswirkungen auf die Psyche der Opfer, um das Leben von Kindersoldaten und die Zustände in Kriegsgebieten, um die innere Falschheit von Menschen und ihre nach außen hin getragenen Masken, aber auch Hoffnung, Zuversicht und Liebe finden ihren Platz im ersten Band des Dreiteilers. Die wechselnden Perspektiven und die Einschübe von Erinnerungssequenzen halten die Story auf einem rasanten Tempo, und obwohl sich die verschiedenen Verdachtsmomente zu verhärten scheinen, ist man sich der Identität des Täters nie wirklich sicher. Erst in den letzten Kapiteln kommt ein wenig Licht in die Sache und lässt den Leser erschrocken nach Luft schnappen. Besonders fies ist dementsprechend auch der Cliffhanger ganz am Ende, der von der angehängten Leseprobe nur noch zusätzlich unterstützt wird. Trösten kann den erwartungsvollen Leser nun nur noch, dass man bis zum Erscheinen des zweiten Bandes "Narbenkind" nicht allzu lange warten muss – offizieller Termin ist der 15. September und auch der dritte Teil wird noch in diesem Jahr erscheinen. Bis dahin kann man sich, wenn man möchte, mit dem kurzen informativen Autoreninterview auf den letzten Seiten des Buches vergnügen – oder das Buch einfach noch mal lesen, wenn man es denn aushält. Fazit: Ein gut durchdachter, rasanter Psycho-Thriller, der dem Leser alles bietet, was Genre-Liebhaber glücklich macht – "Krähenmädchen" von Erik Axl Sund ist ein wahrer Pageturner, der seinesgleichen sucht. Authentische, problembehaftete Charaktere und zahlreiche leider aktuelle Themen werden in diesem Trilogie-Auftakt zu einer mitreißenden Story verbunden, die den geneigten Leser durchaus in einen echten Rausch versetzen können. Definitiv kein einfaches Buch, aber in jedem Fall eines, das von Genre-Kennern näher unter die Lupe genommen werden sollte. Wertung: 4,5 von 5 Schwertpaaren Handlung: 4 / 5 Charaktere: 4.5 / 5 Lesespaß: 4 / 5 Preis/Leistung: 5 / 5

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