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Rezension zu
Meine deutsche Literatur seit 1945

Essay-Sammlung

Von: Michael Lehmann-Pape
01.10.2015

Wenn im Buch von der „Finsteren Wollust aus Österreich“ eines Thomas Bernhard die Rede ist, wenn Reich-Ranichki im Blick auf Erich Fried von dessen Sehnsucht nach Anerkennung spricht und aus dieser Motivation heraus dessen tiefe Einwurzelung in die „westdeutsche Linke“ erklärt, und wenn ebenso von der „Angst des Peter Handke beim Erzählen“ die Rede ist, dann vermeint der Leser fast, die leicht knorrige, schnell sprechende, lispelnde Sprachform des Literaturkritikers im Raum zu hören. Schmallippig, analytisch, äußerst kritisch, kein Blatt vor den Munde nehmend, durchaus auch da lobend, wo es ihm zusagt (in nicht allzu vielen Fällen), immer auch mit den Hinweisen auf den Gesamtkontext, das Gesamtwerk des einzelnen Autors versehen, so lesen sich vielfachen Essays in dieser Essay-Sammlung über die deutsche Literatur nach 1945. Thomas Anz folgt mit als Nachlassverwalter, nach seiner vorhergehenden Sammlung an Essays über die Literatur des Mittelalters bis zur Gegenwart nun chronologisch weiter dem Strang des Nachlasses. Wobei klugerweise nicht nur konkrete Personen den Kern der einzelnen Essays ausmachen (wenn auch die überwiegenden Essays sich den einzelnen Schriftstellern zuwenden), sondern auch Kommentierungen und Einordnungen von Gesamtströmungen („Die Literatur des kritischen Psychologismus“, „Die Gruppe 47“, „Deutsche Unterhaltungsliteratur“ u.a.) zum Thema gesetzt werden. Das Reich-Ranicki einen umfassenden Blick auf „sein Thema“, die deutsche Literatur, sehr fundiert besaß, dass er in der Lage war (neben persönlichen Eitelkeiten und durchaus auch hier und da verdeckt gesetzten persönlichen Angriffen) einzelne Werke oder einen Gesamtblick auf das Werk eines Autoren , davon zeugt jedes einzelne der Essays in teils fast überbordender Weise. Oft und oft verbleibt das Gefühl, dass neben dem Geschriebenen noch Seitenweise weitere Einordnungen, Informationen, kritische Betrachtungen hätten zugefügt werden können. Auch was diesen Graben zwischen „Schund und Kunst“ angeht, wie es Ranicki im Blick auf die Unterhaltungsliteratur schon 1962 formuliert hat. Eine literarische Sammlung, die für den literaturinteressierten Leser in Deutschland fast ein „Muss“ darstellt und einen hohen Erkenntnisgewinn beinhaltet. So man im Kopf behält, dass Reich-Ranicki einen grundlegend subjektiven Ansatz zur Literaturkritik bevorzugte und man in der abschließenden Bewertung nicht immer einer Meinung mit ihm sein muss.

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