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Rezension zu
Nullzeit

Ein verzweifelter Kampf um Wahrheit und Lüge...

Von: herzdeinbuch
18.12.2015

Inhalt Sven betreibt mit seiner Lebenspartnerin Antje eine Tauchschule auf einer kleinen, spanischen Insel. Vor vierzehn Jahren verließ er Deutschland, mit der Devise, sich einfach nur rauszuhalten. Dem Stress entfliehen. Vor Verurteilung zu flüchten. Das Tauchen ist seine Leidenschaft, die er seinen Schülern gewissenhaft näher bringt. Er behält gern die Kontrolle. Doch als Jola und Theo auftauchen, wird ihm diese Stück für Stück entrissen. Erscheinen die Beiden anfangs noch als normales Paar, entdeckt Sven doch immer mehr, welche Dunkelheit sie verbergen, wie sie sich gegenseitig Stück für Stück zerreißen und in einem Kampf um Leben und Tod umeinander herumtänzeln. Die attraktive Schauspielerin, die sich beim Tauchen auf die Rolle von “Lotte Hass” vorbereiten will, zieht ihren Lehrer immer mehr in ihren Bann, und Sven kann nicht anders, als sich in ein Beziehungsdrama zu stürzen, das ihn selbst zerbrechen lassen kann… Meine Bewertung “Nullzeit” ist das zweite Buch, das ich von Juli Zeh gelesen habe, und nochmal eine große Portion härter als “Corpus Delicti”. Innerhalb von zwei Tagen habe ich es verschlungen, allerdings warne ich zartbesaitete Leser davor, dieses Buch in die Hand zu nehmen. Es spart nicht Grausamkeiten, an schön verpackten Obszönitäten. Auf stille Art schafft es die Autorin, einen Thriller zu verfassen, der ein beklemmendes Gefühl garantiert, und gleichzeitig mich philosophischen Ansätzen aufwarten kann, die den Leser zum Nachdenken anregen. “Wenn Theo mich verprügelt, weiß ich wenigstens: Das ist die Realität. Unverkennbar. Sinnlos, unfair und banal. Irrtum ausgeschlossen.” Juli Zeh besitzt meiner Meinung nach ein einzigartiges Gespür dafür, mit wenig Worten viel zu sagen. Eine Handlung, für die andere Autoren 500 Seiten brauchen würden, verpackt sie in 250. Der Leser wird bis zum Ende im Dunkeln darüber gelassen, wer denn nun wirklich die Wahrheit sagt, ob Sven der Lügner ist, oder Jola, ob Theo das Opfer oder der Täter ist, wann das Drama wirklich seinen Anfang genommen hat, und wessen Schuld das gesamte Geschehen ist. Gleichzeitig wird der Leser in eine Geschichte gezogen, deren Dunkelheit über und unter Wasser erkennbar ist. Die Tauchszenen sind präzise ausgearbeitet, die Schönheit des Ozeans bildet einen starken Kontrast zu der Grausamkeit, die die verschiedenen Beziehungen beinhalten. Ob es schließlich ein Happy End gibt, oder nicht, hängt stark von der Sichtweise des Lesers ab. Ich würde sagen, dass der Weg mit dem geringsten Anteil an Schaden gewählt wurde. Happy ist das Ende aber ganz sicher nicht. Es lässt ein Gefühl der Beklemmung zurück, eine Anspannung, die man nicht so leicht abschütteln kann. Mit wem ich Mitleid empfinden soll, weiß ich auch nicht, denn die Charaktere sind mir gleichzeitig sympathisch und widern mich an. Was sie aber unbestreitbar sind: Faszinierend. Nicht umsonst konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen. Die Dialoge sind auf den Punkt, durch die wechselnde Sicht zwischen Svens rückblickender Erzählung und Jolas Tagebuch wird das komplizierte Geflecht aus Lüge und Wahrheit noch weiter verstärkt. Eigentlich weiß ich immer noch nicht, ob ich nun tatsächlich die Version glaube, für die sich Juli Zeh am Ende entschieden hat. Die Charaktere reißen mich mit, und ich denke, dies ist sicher nicht das letzte Mal, dass ich “Nullzeit” lese. Das Buch würde ich jedem empfehlen, der Geschichten a la “Gone Girl” von Gillian Flynn sucht. Juli Zeh schafft es tatsächlich, mit ihrem Meisterwerk noch mehr Spannung und Faszination hervorzurufen, noch perfidere Charaktere zu erschaffen, die man gleichzeitig bemitleiden und an die Wand klatschen möchte. Der unterschwellige Hass auf Deutschland, den Sven verkörpert, wird wohl auch deutsche Leser nicht kalt lassen. Und egal, wem man nun tatsächlich glaubt: Dieses Buch lässt keinen Leser kalt. “Die Welt wird nicht schöner, wenn du deine Poesie drüber kippst. Auch nicht größer, wichtiger oder besser. An der Welt prallst du einfach ab. Wie das Meer an den Felsen zersprühen deine Worte und fließen in dich selbst zurück.”

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