Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Wo war ich noch mal?

Das Leben des John

Von: Bri
20.12.2015

Vorab: Ich bin bekennender Monty Python Fan. Vom Flying Circus über Das Leben des Brian zu den Rittern der Kokosnuss: Auch wenn ich sie alle schon gefühlte tausend Mal gesehen habe, kann ich mich immer wieder aufs Neue und wie beim ersten Mal über den scharf beobachtenden, die Absurditäten des Alltags ins Unermessliche überspitzten, total schrägen Humor der Pythons amüsieren. Was heißt amüsieren? Kaputt lachen! Vor allem John Cleese fand ich mit seiner sehr natürlich wirkenden Korrektheit und dem meist etwas steif daherkommenden Verhalten, das durch seine geniale Mimik und die schrägen Handlungen noch dazu karikiert wurde, umwerfend komisch. Wie schön, dass ein Mensch, der wahrscheinlich eher britisch-traditionell aufgewachsen war, so verrückt sein konnte. Immerhin war er während des Zweiten Weltkriegs aufgewachsen und in etwa die Generation, die ich mit solchen Verrücktheiten, wie zum Beispiel dem Ministry of Silly Walks niemals in Verbindung bringen würde. Dank der heutigen Technik ist es möglich, solche Glanzleistungen der Komik immer und immer wieder zu genießen, und das zu jeder Zeit. Die Hoffnung auf etwas Neues der nun doch schon betagteren Herren hatte ich jedoch aufgegeben. John Cleese hatte sich, wie auch die anderen Pythons, beruflich zu anderen Ufern aufgemacht und durchaus Interessantes dabei hervorgebracht. So setzt er sich zum Beispiel so nachhaltig für den Schutz von verschiedenen Lemuren Arten ein, dass sogar eine nach ihm benannt wurde. Im Mai 2014 allerdings gab es eine kleine Sensation: Die Pythons wollten sich noch einmal auf die große Bühne der O² Arena in London wagen. Ein, höchstens zwei Abende sollten es sein. Als die Karten für den ersten Abend aber bereits nach sagenhaften 45 Sekunden – ganz recht, Sekunden! - ausverkauft waren, wurde klar, es mussten 10 Abende sein. Als Krönung sollte die letzte One down, five to go - Live (mostly) Show in vielen Kinosälen überall auf dem Planeten mitzuerleben sein. Auch in Berlin! Die Euphorie der Fans kannte kein Ende und überrollte die Pythons mit ungeahnter Wucht. Jahre, nachdem die Presse sie bereits ad acta und verstaubt zur Seite geschrieben hatte, waren sie wieder da. Live! Und wie! Und ich war dabei. Was wäre ein besserer Zeitpunkt für eine Autobiografie, als dieser? John Cleese hat das mal wieder messerscharf erkannt und gehandelt. Wo war ich noch mal? muss mit seinen 480 Seiten natürlich schon vorbereitet gewesen sein, denn so schnell kann auch Mr. Silly Walk kein solches Werk aus dem Hut zaubern – oder vielleicht doch? Gewohnt eloquent und erheiternd führt Cleese sich zunächst selbst ein. Das Leben mit einer eher fremden Mutter und einem hoch geschätzten und geliebten Vater in England während des Zweiten Weltkrieges schildert er detailreich, authentisch und lebendig. Seine Gedanken zu den damaligen Ereignissen und die Erinnerungen daran lässt er mäandernd aber nicht chaotisch einfließen. Äußerst unterhaltsam erlesen wir uns das Leben eines der genialsten Unterhalter unserer Zeit. Und nebenbei lässt Cleese den Leser ganz nah an sich heran. Eher zurückhaltend und schüchtern ist er. Auffällig durch seine körperliche Größe, die sich schon bald zeigt und die damit wohl für die anderen Jungs so gar nicht zu vereinbarenden Zurückhaltung was zum Beispiel Schulhofkämpfe angeht, versucht er diesen aus dem Weg zu gehen - also sowohl den anderen Jungs als auch den Kämpfen - was auch beinahe immer klappt. Wenn es denn sein muss, kann er sich aber auch den nötigen Respekt verschaffen und wird fortan in Ruhe gelassen. Er hat quasi „das Feuchte hinter den Ohren verloren“. Ein kluger Junge, der seine Warmherzigkeit vom Vater ererbt oder erlernt wissen will. Einem Mann, dessen Lieblingsbuch Jerome K. Jeromes Drei Männer im Boot ist. Wenn das nicht schon wegweisend zu nennen ist … Während des Jurastudiums in Cambridge lernt er zunächst Graham Chapman kennen und später auch Terry Jones, Eric Idle, Terry Gilliam und Michael Palin. Die Truppe des Flying Circus ist nunmehr komplett und kommt bei den Zuschauern ungemein gut an. Das ist etwas, womit niemand so richtig gerechnet hatte. Nun heißt es am Ball bleiben. Die Truppe funktioniert basisdemokratisch, was sich noch als etwas problematisch erweisen wird. Geschwätzig könnte man sie nennen, die Autobiografie, aber im positivsten Sinn des Wortes, zeigt sie uns doch einen liebenswerten, meist an der Qualität seiner Arbeit zunächst zweifelnden, hochintelligenten Menschen, der viele angenehme Charakterzüge vereint. Wichtig ist ihm aber auch, seine Vorstellung von Arbeit und Komik genügend umgesetzt zu wissen. Wenn das nicht mehr gegeben ist, dann geht er andere Wege. So verlässt er schließlich den Flying Circus, arbeitet aber an anderen Python-Produktionen weiterhin mit. Auch sein Privatleben lässt Cleese nicht aus. Doch schildert er es immer aus einem distanziert – ironischen und gerade deshalb so sympathischen Blickwinkel. Auch die unangenehmen Seiten des Lebens verschweigt er nicht und hier zeigt sich ganz deutlich, dass er im Grunde genommen ein sehr ernsthafter Mensch ist. 480 Seiten lang pure Unterhaltung, kein bisschen Langeweile, wunderbare Einblicke in das Seelenleben eines genialen Künstlers und verehrungswürdigen Menschen – das ist es, was Wo war ich noch mal? zu einem unbedingten Must-Have für jeden Monty Python / John Cleese Fan macht. Aber auch wenn man das nicht ist, sollte man dieses Buch lesen. Alleine die Fotos und deren umwerfende Unterschriften sind es wert. Und die Tatsache, dass man auch älter geworden genauso verrückt sein kann, wie ehedem, was für mich eine wunderbare Entdeckung war. Dieses Buch bekommt einen Ehrenplatz in meinem Regal, damit ich es immer mal wieder in die Hand nehmen und darin blättern kann. Und nicht vergessen: Always look on the bright side of life ...

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.