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Rezension zu
Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein ganz besonderer Spionageroman

Von: Lesemanie
16.02.2016

Die Familie Rong bringt seit Generationen erfolgreiche Salzhändler hervor. Doch dann mach Großmutter Rong im ausgehenden 19. Jahrhundert einen Fehler: Sie sendet ihren Enkel Rong Zilai ins Ausland, damit er dort die Kunst der Traumdeutung erlernen kann. Stattdessen studiert der junge Mann allerdings Mathematik und nach seiner Rückkehr in die Heimat eröffnet er eine Universität. Die kommenden Generationen der Rongs widmen sich vermehrt dem Studium, und sie bringen dabei einige geniale Köpfe hervor. Einer von ihnen ist Rong Jinzhen, der mit seinem übergroßen Kopf in der Schule Getuschel hervorruft, sich allerdings bereits als Junge auf dem Feld der Mathematik behauptet und bereits kurze Zeit später an der Uni seines Vorfahren Mathematik studiert. Zu Zeiten des Kalten Krieges werden Regierungsorgane schnell auf den brillianten Mathematiker aufmerksam und Rong Jinzhen wird Kryptoanalytiker, der eine kometenhafte Karriere hinlegt. Doch sein Talent wird ihm zum Verhängnis – glücklich wird er nicht. Mai Jia gilt als Begründer der chinesischen Spionageliteratur, aber mit einem chinesischen James Bond wartet er nicht auf. Dafür ist dieses Buch viel zu leise und langsam. Alleine die Tatsache, dass der Erzähler zunächst genüssslich die Familiengeschichte der Rongs ausbreitet und dem Leser so Gelegenheit gibt, nicht nur Rong Jinzhen sondern auch die vorangegangenen drei Generationen kennenzulernen, ist ungewöhnlich für ein Buch aus diesem Genre. Verfolgungsjagden, Schusswechsel und Männer in Trenchcoats haben keinen Platz in diesem Roman. Ob Rong Jinzhen den wichtigen Code knackt, der als nicht zu knacken gilt, spielt eine weniger wichtige Rolle als die geistigen Anstrenungen, die ihn dies kosten. Anders als bei James Bond ist dieses Spionage-Leben nicht glamourös; es ist einsam und anstrengend und es macht Rong Jinzhen fertig. Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong wird aus Sicht eines Journalisten erzählt, der sich daran macht, der Geschichte des Spionagegenies Jinzhen auf den Grund zu gehen. So unterbricht er seinen Erzählfluss in regelmäßigen Abständen für Auszüge aus Interviews, die er mit Zeitgenossen und Weggefährten Jinzhens geführt hat. In einem “Anhang” bietet ein Exzerpt aus Jinzhens Notizbuch dem Leser Einblicke in das Innenleben dieses Charakters, der bis dahin verschlossen und unnahbar wirkt. Gekonnt rundet Mai Jia so seine Hauptfigur und vermeidet es so, sich Jinzhen nur oberflächlich zu nähern. Dieser Roman braucht geduldige Leser, die willens sind, bis zum Schluss die Figur und Geschichte des Rong Jinzhen puzzlegleich zusammenzusetzen. Belohnt werden sie mit einem Leseerlebnis, das subtil Spannung aufbaut und ein kleines bisschen Schwermut schafft.

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