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Rezension zu
Der Seidenspinner

Die Scheidung fürs Geld, den Mord fürs Herz

Von: Katrin, Inkunabel
05.04.2016

Nachdem ich von Robert Galbraiths Krimi "Der Ruf des Kuckucks" derart angetan war, bin ich nun, Georgie sei Dank, endlich stolze Besitzerin des Folgebands "Der Seidenspinner". Im zweiten Cormoran-Strike-Roman geht es um das Abtauchen des exzentrischen Schriftstellers Owen Quine. Eine angenehme Abwechslung für Privatermittler Strike, denn das Lösen des Lula-Landry-Falls hat ihm und seiner Assistentin Robin Ellacot zwar eine Menge neuer Klienten beschert – allerdings vorwiegend Scheidungsfälle. Zum Brötchenverdienen taugen die zwar wunderbar, doch das Detektivherz sehnt sich eben nach Herausforderung. Daran fehlt es in der Geschichte wirklich nicht und so kann ich dem zweiten Cormoran-Strike-Teil bedenkenlos unseren 200. Inkunabel-Beitrag widmen. Schneller als gedacht wird die Quine-Ermittlung ziemlich komplex, denn das neueste Manuskript des rachsüchtigen Autors enthält pervertierte Versionen fast all seiner beruflichen und privaten Bekannten. Sollte es veröffentlicht werden, könnte das so einige Leben ruinieren. Je länger Strike im Umfeld des verschwundenen Autors herumstochert, desto mehr wächst sein Unbehagen – bis er schließlich befürchtet, dass hinter Quines Verschwinden mehr stecken könnte, als Gier nach medialer Aufmerksamkeit. Als kurz darauf tatsächlich die widerlich zugerichtete Leiche des Schriftstellers gefunden wird, stellt sich die Frage, wer Motiv und Möglichkeit hatte, ihn auf solch groteske Weise umzubringen. Im Vergleich zum ersten Band um das Ermittlerteam Strike und Ellacot baut sich die Spannung in "Der Seidenspinner" etwas langsamer auf. Zwar wird der Detektiv gleich zu Anfang von der besorgten Frau des Verschwundenen beauftragt, doch echtes Unbehagen schleicht sich erst im Laufe der ersten Ermittlung ein. So begibt sich der bärbeißige Schnüffler dieses Mal ins Londoner Verlagsmilieu, unter habsüchtige Literaturagenten, eitle Autoren, egozentrische Verlagsleiter und labile Lektoren. Deren zugespitzte Charakterisierung bereitet wieder sehr viel Spaß, denn mit Schein und Sein der Verlagswelt wird ganz schön abgerechnet. Zudem wird einem bereits zu Anfang klar, dass sich Owen Quines potentielle Feinde zu Recht die Klinke in die Hand geben. Genauso methodisch und durchdacht wie sich der Detektiv seine Verdächtigen vornimmt, ist auch der Krimi selbst konzipiert. Virtuos legt Joanne K. Rowling verschiedene Fährten aus, deutet Geheimnisse an, lenkt gekonnt das Augenmerk des Lesers ab und fordert auf diese Weise unbedingte Aufmerksamkeit. Nicht zuletzt ist das ihrem clever eingesetzten, wunderbar bildlichen Schreibstil zu verdanken. Die Formulierungen sind nie unnütz verschnörkelt und heben sich angenehm von der häufig unterkühlten, nüchternen Schreibweise anderer Krimis oder Thriller ab. Trotz aller Authentizität hatte ich daher beim Lesen stets das Gefühl, eine Geschichte erzählt zu bekommen – etwas, das mir persönlich besonders gut gefällt, aber wahrscheinlich nicht jedermanns Sache ist. Insgesamt ist der Ekel-Faktor des Bandes höher als im Vorgänger, weil der geschilderte Mordfall überaus bizarr ist. Dementsprechend ist auch die Grundstimmung des Romans etwas ernster, düsterer und der Humor hintergründiger. Ohnehin wimmelt es im Buch von mehr oder minder seltsamen bis unsymphatischen Gestalten, denen man im wahren Leben lieber nicht begegnen möchte. Ein gutes Beispiel hierfür ist Leonora Quine, die Frau des Mordopfers. Sie ist unbequem ehrlich, schroff bis zur Unhöflichkeit, aber doch im Innersten auf schwer zu fassende Art fürsorglich, nahezu aufopfernd. Kurzum: sie macht es weder den Romanfiguren, noch dem Leser besonders leicht, sie zu mögen. Die Dynamik zwischen den äußerst gegensätzlichen Charakteren Strike und Ellacot bleibt weiterhin authentisch. Beide umgibt mittlerweile eine Aura unausgesprochener Wahrheiten, durchsetzt von schwelenden Konflikten. Cormoran hat dieses Mal am meisten mit sich selbst zu kämpfen. Nicht nur sein Knie schränkt ihn wiederholt in seiner Arbeit ein, sondern es taucht auch noch seine ehemalige Verlobte Charlotte als Randfigur auf. All das erschwert die Zusammenarbeit mit seiner Assistentin Robin, die jedoch in Bezug auf ihre Rolle in der Detektei einen ganz eigenen Kampf austrägt. Immer mehr steigert sich ihre Unzufriedenheit, da ihr Boss seine Wertschätzung für sie nur ungenügend kommuniziert. Dabei schlummert in ihr ein Ehrgeiz, ein Wille zu lernen, den sie nicht nur ihrem anstrengenden Verlobten Matthew, sondern auch sich selbst erst eingestehen muss. Handlungsverlauf und Figurenzeichnung sind erneut stimmig miteinander verwoben, sodass der Leser bis ganz zum Schluss an der Nase herum geführt wird. In diesem Punkt hat mir "Der Seidenspinner" sogar besser gefallen als der erste Band. Die Auflösung kam für mich bei aller Schlüssigkeit einfach noch überraschender. Neben der Ermittlungstätigkeit der Hauptfiguren nehmen auch deren private Probleme immer wieder Raum ein, was mindestens genauso unterhaltsam ist. Überhaupt spielt meiner Meinung nach in dieser Krime-Reihe die Entwicklung der Protagonisten neben dem zu lösenden Fall eine nicht zu unterschätzende Rolle. Allein wegen der pointierten Wortwechsel zwischen Robin und Cormoran lohnt sich die Lektüre. Der dritte Band, "Die Ernte des Bösen", liegt jedenfalls bereits auf meinem Nachttisch. Ich kann es kaum erwarten, weiterzulesen. Katrin

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