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Rezension zu
Ein ganzes Leben

Ganz wunderbar - und wichtig

Von: Anette Becker
22.04.2016

Österreich im frühen 20. Jahrhundert. Andreas Egger kommt als Vierjähriger in das Tal, in dem er fast sein ganzes Leben verbringen wird. Es ist kein großes Leben, er erreicht nicht viel, außer dem, was wohl wirklich wichtig ist: zu überleben und ein zufriedenes Leben zu führen. Ich liebe Bücher, die den “kleinen Mann” ins Zentrum des Geschehens rücken. Wie viele Helden gibt es denn wirklich da draußen? Muss jeder große Taten vollbringen, eine großartige Karriere hinlegen? Sind nur solche, denen dies gelingt, wert, dass man Bücher über sie schreibt? Für mich nicht, denn mich hat von jeher das Leben “normaler” Menschen mehr interessiert. Andreas Egger ist ein solcher Mensch, das Schicksal hält einiges für ihn bereit, an dem ein anderer, ambitionierterer Mann womöglich verzweifelt wäre, doch nicht Andreas Egger. Er sieht an allem die positive Seite, gibt sich mit dem zufrieden, was ihm beschieden wird. Das heißt nicht, dass er keine Ideen hat oder Möglichkeiten erkennt, keine Ziele hat, im Gegenteil, das, was er gerne erreichen möchte, verfolgt er auch. Aber es sind kleine, realistische Ziele, und wenn etwas dazwischen kommt, macht er das beste daraus. Robert Seethalers wunderbarer Roman kann gar nicht genug Leser finden in einer Gesellschaft, in der jeder eine tolle Karriere wollen muss, in der nur eine stetige Leistungssteigerung und Veränderungswillen zählen, niemand, der etwas auf sich hält, mit einer einfachen Arbeit und dem ganz privaten Streben nach Glück zufrieden sein darf. Zeigt nicht die Anzahl der Burnout- und Depressionskranken, was zu hohe Erwartungen seitens der Gesellschaft und an sich selbst bewirken? Geschrieben ist das Buch genau mit jener wunderbaren Leichtigkeit, die mich bereits durch den “Trafikanten” fliegen ließ und die die Lektüre zu einem puren Genuss werden lässt. Dabei stößt man auf so fabelhafte Sätze wie den folgenden: “Die Vergangenheit schien sich in alle Richtungen zu krümmen und in der Erinnerung gerieten die Abläufe durcheinander beziehungsweise formten und gewichteten sich auf eigentümliche Weise immer wieder neu.” “Ein ganzes Leben” ist eines dieser Bücher, die im Gedächtnis bleiben, die mehr als eine Geschichte sind und uns zeigen, worauf es im Leben wirklich ankommt. Der Roman, der auf der Longlist des diesjährigen Man Booker Prize International steht, hätte eine Aufnahme in die Shortlist verdient, drücken wir die Daumen!

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