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Rezension zu
Metro 2035

Das Ende der Reise?

Von: chrissieskleinewelt
22.04.2016

Mit Metro 2035 hat Glukhovsky den langerwarteten dritten Teil seiner auch für andere Autoren offenen postapokalyptischen Welt geschrieben, der für so manchen Fan mit unerwarteten Neuerungen aufwartet. 22 Jahre nach der verheerenden atomaren Katastrophe begegnen wir wieder Artjom, dem Protagonisten und Helden aus Metro 2033, an seiner Heimatstation WDNCh. Die Erdoberfläche ist immer noch stark verstrahlt, so dass die Menschen weiterhin tief in der Moskauer Metro ihr Leben fristen. Artjom ist unglücklich verheiratet und hadert mit dem Schicksal der Menschen. Für ihn ist es nicht vorstellbar, dass es außerhalb von Moskau keinerlei Überlebende auf dem gesamten Planeten geben soll und so wirft er sich fast täglich in seinen Schutzanzug und begibt sich in die Häuserruinen Moskaus, erklettert den höchstmöglichen Punkt und versucht Funksprüche zu empfangen – vergebens. Eines Tages erreicht jedoch ein Reisender die Station WDNCh, der Artjoms Geschichte niederschreiben möchte und den wir aus Metro 2034 bereits kennen. Er nennt sich Homer und berichtet, dass er einen Menschen in einer anderen Station der Metro kennt, der behauptet, er habe Funksprüche von außerhalb empfangen. Dies ist der Startschuss für unseren Protagonisten und seinen schreibenden Weggefährten hinein in eine Geschichte, die beide an ihre Grenzen führen wird – und darüber hinaus. Wer den Werdegang von Dmitry Glukhovsky in den letzten Jahren beobachtet hat durfte schon feststellen, dass er sich thematisch in seinen Büchern mit immer philosophischeren Themen befasst und auch nicht vor einer kritischen Auseinandersetzung mit den verschiedensten Ideologien zurückschreckt. Dies setzt sich auch in diesem Buch fort und wird die Leser ernüchtern, die wieder mit einem SciFi-Horrorroman voller Monster und Mutanten gerechnet haben, der sich nebenher mit den angesprochenen Themen beschäftigt. Begründet wird es nicht wirklich, jedoch sind alle Mutanten und Monster zwei Jahre nach dem Showdown in Metro 2033 verschwunden. Der Fokus richtet sich im Jahr 2035 ausschließlich auf die Menschen der Metro, was sich diese gegenseitig antun und wie Artjom David-gegen-Goliath-gleich dagegen anzukämpfen versucht – jedoch ohne Steinschleuder. Die Metro wird hauptsächlich von vier verschiedenen Bewegungen beherrscht. Die kapitalistische Hanse, das faschistische Vierte Reich, die kommunistische rote Linie und die künstlerische Polis, die von dem Orden beschützt wird, dem vor zwei Jahren auch Artjom die Treue geschworen hat. Daneben gibt es noch kleinere Zusammenschlüsse und viele unabhängige Stationen, doch im Grunde hängt alles irgendwie mit diesen vier Gemeinschaften zusammen. Diese verfolgen strikt ihre Ideologien und verschmähen oder bekämpfen gar, was hier nicht hineinpasst. Näher erläutern muss man diese Problematik wahrscheinlich nicht, da heutzutage jeder weiß, was zum Beispiel Nazis tun um ihre Weltansicht durchzusetzen. Auf der Suche nach dem unbekannten Funker geht Artjom wieder einen ähnlichen Weg wie zwei Jahre zuvor und muss so auch wieder diese vier Hoheitsgebiete durchqueren. Durch die verschiedensten Umstände wird er bereits schnell tief in Machenschaften verstrickt, die ihn immer weiter in einen Sumpf hineinziehen, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint. Er merkt hierbei selbst, dass sich seine Einstellung, seine eigenen Ideale stark verändert haben. Immer wieder sieht er gewisse Dinge oder erahnt sie, bei denen er früher sofort eingeschritten wäre. Heute jedoch schaut er weg und stellt sich unwissend, nur damit er seinen Weg fortsetzen kann und in keine Schwierigkeiten gerät. Letzteres klappt natürlich nicht und so entwickelt sich Artjoms Charakter dahingehend weiter, dass er immer weiter erniedrigt und gebrochen wird, bis er sein Leben so gut wie aufgegeben hat. Aus der Asche wiedergeboren kämpft er sich dann schließlich doch wieder hoch und stellt sich seinen Träumen und Idealen und wird sich selbst wieder treu. Während dieser Zeit deckt er Dinge auf, die unvorstellbar erscheinen. Sein Wunsch nach Kontakt mit Überlebenden von außerhalb trifft wunde Punkte und bald wird Artjom neben den ideologischen Konflikten noch mit Treue und dessen Bruch konfrontiert sowie mit Märchen, die sich als wahrer herausstellen, als ihm lieb ist. Für mich ist Metro 2035 ein Roman mit viel Substanz, der auch nach dem Lesen viel Potenzial zum Nachdenken mit sich bringt und zur Selbstreflexion anregt. Glukhovsky schafft es hierbei die Menschen real darzustellen. Es gibt keine Beschönigungen, kein strahlender Heldentum, der angepriesen wird. Seine Charaktere begehen auch unschöne Taten. Sie haben Angst, hängen den falschen Werten an oder sind schlichtweg unfähig sich an etwas Neues heranzuwagen. Zum Ende hin verzweifelt man fast wie Artjom an den Menschen der Metro und versteht als aufgeklärter Leser doch, warum diese so handeln, während man sich gleichzeitig an der Glut und dem Feuer in Artjom nährt, der für seinen Traum kämpft. Das Buch hat teilweise Stellen, die sich dem Leser nicht zu 100% erschließen und es gibt Abschnitte, die rein in wörtlicher Rede geschrieben sind, was mich irritierte. Zudem hätte es dem Ganzen wahrscheinlich gut getan, wenn es ein paar Seiten weniger gehabt hätte. Trotzdem habe ich Metro 2035 wie auch seine Vorgänger sehr gerne gelesen. Das Metro-Universum erzählt eine tolle postapokalyptische Geschichte mit sehr viel Tiefgang, aber auch spannenden Szenen und Charakteren, die sich tief in das Leserherz hineinschreiben können. Die Idee ist innovativ und gut umgesetzt und bietet im Laufe der bisherigen Trilogie für jeden Leser Anreizpunkte – sei es nun der Monsterhorror aus dem ersten Teil oder das politisch-philosophische, aber auch grausame Geschehen aus Teil 3. So wie ich es empfinde ist das Ganze immer untermalt mit der typischen Melancholie, die so viele russische Fantasy-Romane begleitet. Sollte deine Reise weitergehen, Artjom, ich bin gerne wieder mit dabei.

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