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Rezension zu
Der gute Psychologe

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein literarischer Ratgeber

Von: Märchenbuch
22.06.2016

In Noam Shpancers Debütroman begleiten wir einen Psychologen, der sich auf die Behandlung von Angststörungen spezialisiert hat, in drei verschiedenen Lebensbereichen. Der Protagonist bleibt stets namenlos und wird vom Erzähler bloß als „Der Psychologe“ bezeichnet. Zum einen bekommen wir Einblicke in den Praxisalltag des Therapeuten und in die wöchentlichen Sitzungen mit seiner „16 Uhr-Klientin“ Tiffany. Die junge Nachtclubtänzerin leidet unter Panikattacken und Angststörungen und möchte unter allen Umständen das Sorgerecht für ihre kleine Tochter zurückerobern. Schritt für Schritt begleitet der Psychologe die junge Frau auf ihrem Weg ins unabhängige Leben und als Leser erfährt man einiges über die Vorgehensweise während der Therapie. Zum anderen erleben wir den Psychologen bei seiner Arbeit als Dozent an der Universität und sind stille Beobachter in seiner Abendvorlesung. Mit seinen ungleichen Studenten bespricht er anhand von vielen Fallbeispielen, die Grundfunktionen der Psychotherapie und gibt Einblicke in therapeutische und psychologische Strukturen und Denkweisen. Er bedient sich vieler passender Metaphern um komplexe Zusammenhänge zu erklären und neben Fachwissen, kann der Leser auch lehrreiche Denkanstöße für sein eigenes Leben mitnehmen. Besonders interessant fand ich allerdings den dritten Erzählstrang, denn er bringt uns das Privatleben des namenlosen Psychologen näher, das durch eine unerfüllte Liebe und die stille Sehnsucht nach einer eigenen Familie geprägt ist. Wir lesen über seine Beziehung zu Nina, seine Kollegin und ehemalige Geliebte, mit der ihn weit mehr verbindet als eine bloße Freundschaft. Der Leser kann miterleben, wie die Therapiestunden mit Tiffany das Denken und Fühlen des Psychologen beeinflussen und wie die Grenze zwischen Privatleben und Professionalität auf gefährliche Art verschwimmen kann. Auch der Psychologe ist nicht gefeit vor Ängsten und wird durch Tiffanys Geschichte an seine eigenen schwierigen Lebensumstände erinnert. Diese Tatsache lässt den Psychologen sehr sympathisch und menschlich erscheinen. Kapitelweise wechselt der Autor zwischen den drei Wirkungskreisen und erschafft so eine fesselnde Dynamik. Obwohl „Der gute Psychologe“ für mich eher ein Sachbuch in Romanform oder einen literarischen Ratgeber darstellt, konnte Noam Shpancer einen schönen Spannungsbogen erzeugen und meine Neugierde stets aufrechterhalten. Da der Autor selbst als Professor für klinische Psychologie an einer amerikanische Universität lehrt, beschreibt er sehr authentisch und seine Erklärungen und Erläuterungen sind glaubhaft und nachvollziehbar. Seine Sprache ist anspruchsvoll aber dennoch verständlich und die Diskussionen mit seinen Studenten sind erfrischend und sehr aufschlussreich. Wer Psychotherapie ablehnt, wird vermutlich keine Freude mit dieser Lektüre haben, denn die eigentliche Handlung ist ruhig und unspektakulär. Wer allerdings Einblicke in psychologische Denkweisen erhalten möchte und neue Blickwinkel aufgezeigt bekommen möchte, der kann getrost zu diesem Buch greifen und obendrein noch einiges lernen.

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