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Rezension zu
Die Eismacher

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Was macht man mit Teilen seiner selbst, die man verliert?

Von: BUB aus Ludwigsburg
05.08.2016

Man sollte sich keineswegs vom appetitanregenden Cover täuschen lassen: Was durch die Farbgebung und die Eistüte wie ein leichter Sommerroman wirkt, entpuppt sich beim Lesen als durchaus tiefgründiger, literarischer Titel. Erzählt wird die Geschichte der Familie Talamini aus dem Cadore-Tal in den Dolomiten über fünf Generationen. Der Urgroßvater des Ich-Erzählers erlebt als Junge eine Erweckung, als er zum ersten Mal vom Speiseeis hört, und wird zum Eismacher aus Leidenschaft. Für seine Kreationen holt er noch das Eis aus den Bergen. Seine Nachfahren betreiben das Eiscafé Venezia in Rotterdam. Vom Frühling bis zum Oktober schuften sie ohne Pause, um dann den Winter zu Hause in den Dolomiten zu verbringen, vier ruhige Monate in Vorbereitung auf die neue Eissaison. Der Lebensweg des Ich-Erzählers Giovanni scheint also vorgezeichnet, doch wie sein Urgroßvater vor ihm hat auch er ein Erweckungserlebnis: Anstatt die Eismachertradition fortzusetzen, verfällt er der Welt der Poesie, studiert Literatur, wird Direktor des World Poetry Festival mit einem Büro schräg gegenüber des Eiscafés in Rotterdam, besucht Poetik-Veranstaltungen auf der ganzen Welt und jagt neuen Dichtern und Gedichten hinterher wie sein Bruder den neuen Eissorten. Er lässt den alten, verbitterten Vater mit den schmerzenden Gelenken, der lieber Erfinder als Eismacher geworden wäre, und seinen jüngeren Bruder Luca mit der Familientradition im Stich. Als kleine Wiedergutmachung verzichtet er auf Sophia, die Jugendliebe beider Brüder, die Lucas Frau wird. Fortan gilt er dem Vater und dem Bruder als Verräter, Luca spricht zwölf Jahre lang kaum ein Wort mit ihm, bis er ihn doch noch um einen unerhörten Gefallen bittet... Ich habe diesen Roman um Familientraditionen, Generationenkonflikte, die Geschichte der Speiseeisherstellung, die Passion für immer neue Geschmacksrichtungen und die Welt der Gedichte ausgesprochen gerne gelesen. Mein Blick auf italienische Eiscafés und die Familien, die jeden Sommer für unseren Eisgenuss sorgen, und über die ich mir bisher kaum Gedanken gemacht hatte, ist ein anderer geworden. Nur die detaillierte Beschreibung der weiblichen Anatomie, in der sich der Autor mit Wonne ergeht, hat mich bisweilen genervt, konnte meinen Lesegenuss jedoch insgesamt nicht trüben. Ein wirklich empfehlenswerter Roman des in Rotterdam und Südtirol lebenden indisch-niederländischen Autors Ernest van der Kwast, der dem diesjährigen Gastland der Buchmesse alle Ehre macht!

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