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Rezension zu
Die Unglückseligen

Unsterblichkeit - Fluch oder Segen?

Von: FOEZ
14.11.2016

Würdest du für die Unsterblichkeit deine Seele verkaufen „Blicken Sie sich um auf der Welt! Wie mögen Sie da ernstlich noch behaupten, der Mensch sei fortgeschritten auf dem Wege der Natur- und Selbsterlösung? Botschaften jagt ihr von einem Erdteil zum anderen; ihr durchfliegt die Lüfte, durchmesst das Weltall, lässt die Nacht heller leuchten als den Tag – allein zu welchem Zwecke? Herrscht eine neue Harmonie, ein neues Glück? Nicht minder elend seh ich die Menschen denn zu meinen frühen Tagen. Nie zuvor nicht lag Natur so stumm, so leblos, so zergliedert da, und deine wachere Menschheit – gleich einer Horde Büffel trampelt sie dumpfwütig über alles hinweg. Dein Fortschritt: Hat einen einzigen Grashalm er zum Sprechen gebracht? Wisst ihr dem Tautropfen zu lauschen, wenn er des Morgens sich vom Blatte löst? Darf eine einzige Naide sich freuen, weil der Mensch sie mit wissender Hand zu sich hat emporgehoben, und beide nun versöhnt in neuer Eintracht einander forterkennen?“ Thea Dorns Roman „Die Unglückseligen“ ist ein Roman von dieser und vergangener Zeit, ein Roman der Romantik und der Gegenwart, verknüpft durch die Genforschung. In den Hauptrollen des an „Faust“ erinnernden Romans, ein 42-Jähriger Physiker, eine Molekularbiologin und der Teufel, die alle drei verschiedene Sprechweisen haben, die der Autorin unheimlich gut gelingen; wie gut also muss sich Thea Dorn in die Protagonisten eingelebt haben um so gut zu schreiben, als ob sie in den zwei Zeiten gelebt hätte. Sie schafft es, ein wirklich ernstes Thema intelligent und humorvoll zu verpacken. Handlung (dem Verlagstext entnommen): Johanna Mawet ist Molekularbiologin und forscht an Zebrafischen zur Unsterblichkeit von Zellen. Während eines Forschungsaufenthalts in den USA gabelt sie einen merkwürdigen, alterslosen Herrn auf. Je näher sie ihn kennenlernt, desto abstrusere Erfahrungen macht sie mit ihm. Schließlich gibt er sein Geheimnis preis. Er sei der Physiker Johann Wilhelm Ritter, geboren 1776. Starker Tobak für eine Naturwissenschaftlerin von heute. Um seiner vermeintlichen Unsterblichkeit auf die Spur zu kommen, lässt sie seine DNA sequenzieren. Als Johannas Kollegen misstrauisch werden, bleibt dem sonderbaren Paar nur eines: die Flucht, dorthin, wo das Streben nach wissenschaftlicher Erkenntnis und schwarze Romantik sich schon immer gerne ein Stelldichein geben – nach Deutschland. Ihre Protagonisten verkörpern das Trio Ritter – Tod – Teufel, der Physiker Johann Wilhelm Ritter, der sich tatsächlich auch wie ein Ritter verhält und dem Teufel persönlich sind die Namen bereits gegeben, was ich sehr interessant fand, ist die Tatsache, dass der Nachname der Molekularbiologin (Mawet) im Hebräischen Tod bedeutet. Fakt am Rande: der wahre Johann Wilhelm Ritter (geboren 1776 in Schlesien / gestorben 1810 in München) war auf der Suche nach Antworten, besessen davon, alles zu verstehen und sogar bereit, dafür grausame Experimente am eigenen Leib durchzuführen. Im Roman scheitert er aus unerfindlichen Gründen daran und lebt bereits 240 Jahre.. inzwischen hat er sogar seine Meinung geändert, er ist der Überzeugung, dass der Mensch gewisse Grenzen nicht überschreiten sollte, doch Dr. Johanna Mawet will neue wichtige Erkenntnisse für ihre Forschungen, egal welche Konsequenzen es hätte. »Im Leben hatte er sterben, im Tode leben wollen. Jetzt wusste er weder, was das eine noch das andere war.« (Teil 1, Kapitel II, Seite 35) »Die früheren Forscher waren blind für das Leben im Unsichtbaren. Glauben Sie nicht, dass die Natur sich freut, wenn der Mensch nun wirklich zu begreifen beginnt, wie kunstvoll sie im Innersten funktioniert?« »Funktioniert!«, äffte er sie nach. »An dies Wort habt ihr Professionisten euer Herz gehängt! Anstatt den Weltatem zu fühlen, der alles durchströmt, seht ihr Teile bloß und meint gar noch, ihr gewönnet etwas, wenn’s immer kleinere und kleinere Teile werden, die ihr sichtbar macht. Ich sage dir, was ihr gewinnt: Den Lebenstod vollendet ihr, der mit Descartes und Newton hat begonnen. Kein Klingen von Sphären hört ihr mehr, nur eines Uhrwerks Rattern und Klappern, und seid’s erst zufrieden, wenn ihr selbst das noch zum Verstummen gebracht.« (Teil 1, Kapitel VI, Seite 127 / 128) Johanna will auf alle Fälle Ritters Genom entschlüsseln, um seiner Unsterblichkeit auf die Schliche zu kommen. Zu Johannas Glück ist der Physiker in sie verliebt und lässt sich überreden, mit ihr nach Deutschland zu kommen und ihr Versuchskaninchen zu werden. Daher spielt der erste Teil des Romans in den USA und der zweite in Deutschland. Nach unzähligen Experimenten kommt es jedoch zu einem Umdenken seitens der Molekularbiologin. Die recht neutral gehaltene Erzählform von Thea Dorn wird öfter von der drinnen Hauptperson, dem Teufel, unterbrochen, dieser spricht den Leser direkt an, ebenso auch Johanna und Ritter, doch beide können ihn nicht hören. Der Teufel kommentiert jederzeit die Handlung, gibt Hintergrundwissen, um die Ereignisse auch ja richtig zu stellen und behält seine Meinung auch nicht für sich. Für ihn käme der Erfolg Johannas, als Sieg über Gott gleich, denn dieser wäre für die Menschen überflüssig, wenn die Angst vor dem Tod nicht mehr existiert. Der Teufel ist es auch, der das erste und letzte Wort hat, doch wen von unseren beiden Hauptcharakteren er erhört müsst ihr selber lesen 🙂 Ich war auf jeden Fall begeistert von der Geschichte und kann sie jedem empfehlen, der diese Thematik interessant findet und dem auch schon Goethes Faust gefallen hat. Zudem hätte man wirklich kein besseres Titelbild auswählen können als „Death and the Maiden“ von James C. Christensen, diese erinnert an die Hauptfigur Johanna Mawet und da ihr Name bereits Tod bedeutet, bekommt das Bild eine weitere sehr interessante Bedeutungsebene. Auch hätte für diesen Roman wohl kein passenderes Titelbild ausgewählt werden können als »Death and the Maiden« von James C. Christensen. Sieht man darin die Hauptfigur Johanna Mawet und erinnert, dass ihr Name Tod bedeutet, so bekommt das Bild noch einmal eine weitere Bedeutungsebene. Thea Dorns Roman »Die Unglückseligen« ist im Februar 2016 im Knaus Verlag erschienen – gebunden, 560 Seiten, EUR 24,99, ISBN 978-3813505986.

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