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Rezension zu
Das Geheimnis der Hutmacherin

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Gutes Grundgerüst, aber das gewisse Etwas fehlte

Von: Buntes Tintenfässchen
14.12.2016

Natalie Meg Evans' Romandebüt Die Kleiderdiebin war eines meiner Jahreshighlights 2015 und deswegen habe ich mich sehr auf ihr zweites Buch gefreut. Vor Kurzem ist Das Geheimnis der Hutmacherin erschienen und natürlich musste ich sofort zugreifen. Was mir von Anfang an sehr gut gefallen hat: Evans bleibt ihrem Stil treu und siedelt die Geschichte ihres zweiten Romans wieder im Paris der 1930er und 1940er Jahre an. Ein Setting, das mich immer noch sehr fasziniert und schon allein aufgrund der Geschichte einiges zu bieten hat. Außerdem geht es auch diesmal wieder um eine junge Frau aus ärmlichen Verhältnissen, der sich eine unglaubliche Chance bietet. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die junge Cora, die unter ihrem tyrannischen und gewalttätigen Vater in London aufwächst und die nächstbeste Chance zur Flucht in ein besseres Leben ergreift. Diese Chance heißt Dietrich und kommt aus Deutschland - er macht Cora zu seiner Geliebten und überschüttet sie anfangs mit Liebe und teuren Geschenken. Keine neue Geschichte: Man kann Coras beziehungsweise Coralies (so nennt sie sich in Paris) Verzweiflung verstehen und ihren tiefen Wunsch nach Aufmerksamkeit und Liebe. Anfangs war sie mir noch ziemlich sympathisch, denn es ist offensichtlich, dass sie Dietrich liebt und ihn nicht nur ausnehmen will. Auch nach seinem Verschwinden ist sie stark und nimmt ihr Leben in die eigene Hand, denn das ist auch bitter nötig. Doch im Verlauf der Handlung wurde Coralie für mich zunehmend zu einer unnahbaren, fast schon überengagierten Frau. Alles scheint ihr zu gelingen und wenn doch einmal Steine im Weg liegen, schiebt sie sie federleicht zur Seite. Anstrengend war für mich auch Coralies Liebesleben und ich fand es fast schon ungesund, wie es sie immer wieder zu Dietrich zog (der natürlich vor allem später, während der deutschen Besatzung in Paris, eine denkwürdige Rolle spielt) - ich hatte irgendwie nicht das Gefühl, dass das zwischen den beiden eine tiefe, innige Liebe ist, sondern habe es eher unter Zwang oder Gewohnheit eingeordnet. Viele Entscheidungen, die Coralie in Bezug auf Dietrich trifft, konnte ich jedenfalls nicht nachvollziehen. Und er bleibt ja nicht der einzige Mann in ihrem Leben. Das war mir irgendwie zu viel des Guten, zu viel Verwirrspiel und komplizierte Dreiecksbeziehungen. Interessant fand ich hingegen wiederum den historischen Aspekt: Evans schneidet in ihrem neuen Roman viele Themen an, die ich schon aus Büchern wie Die Nachtigall und eben Die Kleiderdiebin kannte. 1937 lernt man das malerische, das zauberhafte Paris kennen, das nicht nur Coralie, sondern auch den Leser sofort in seinen Bann zieht - mit seinen düsteren Nachtclubs und Spelunken und seinem unvergleichlichen Stil. Mir gefällt es unglaublich gut, dass Evans hier wieder Geschichte und Mode miteinander verbindet, denn schließlich hält ab 1939 der Zweite Weltkrieg Einzug in Frankreichs Hauptstadt und bringt die heile, friedliche Welt der Pariser zum Einsturz. Die Deportation der Juden, die strengen Rationierungen und die ständige Angst vor der Willkür der deutschen Besatzer stellt Evans authentisch und beeindruckend dar. Das einzige, was mir ein wenig zu weit hergeholt und konstruiert erschien, ist, dass irgendwie jeder in Coralies Umfeld (einschließlich ihr selbst) auf einer anderen Seite steht und es so natürlich zu hochgebauschten Konflikten zwischen den Figuren kommt. Mir war das einen Ticken zu dick aufgetragen. Leider muss ich sagen, dass die Handlung mich insgesamt nicht in dem Maße mitreißen konnte, wie das bei Die Kleiderdiebin der Fall war. Die Geschichte ist zweifellos hervorragend recherchiert und wieder sehr überzeugend und solide erzählt, allerdings in meinen Augen nicht ganz so gut durchdacht. Im Mittelteil gibt es viele Längen, für die man jede Menge Durchhaltevermögen braucht, während es am Ende Schlag auf Schlag geht. Manchmal waren die Zeitsprünge zwischen den Kapiteln auch so groß und abrupt, dass ich das Gefühl hatte, etwas verpasst zu haben. Generell habe ich den Eindruck, dass Natalie Meg Evans viel zu viel in die Handlung hineinquetschen wollte und so verliert man beim Lesen ab und an den roten Faden. Ich finde, es ist ihr diesmal nicht ganz so gut gelungen, Geschichtliches mit Romantischem zu verknüpfen. Und leider hatte man auch bei Coralies Geschichte (von ganz unten bis ganz nach oben) das Gefühl, das schon tausendmal so gelesen zu haben. Ich muss sagen: Evans' zweitem Roman fehlt das gewisse Etwas, diese eine Nuance, die die Geschichte einzigartig macht - so wie das bei Die Kleiderdiebin der Fall war. Mein Fazit: Natalie Meg Evans' zweiter Roman Das Geheimnis der Hutmacherin spielt wieder im Paris der 1930er und 1940er Jahre und trifft mit diesem Setting und dem historischen Kontext genau meinen Geschmack. Leider hat man beim Lesen aber auch das Gefühl, dass Evans sich wiederholt - der Geschichte um die junge Coralie und ihre große Liebe fehlt es an Einzigartigkeit und Würze. Und leider braucht man stellenweise auch einen ziemlich langen Atem. Der Roman konnte mich insgesamt nicht derart mitreißen wie Evans' Debüt, ist aber dennoch solide Unterhaltung für zwischendurch.

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