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Rezension zu
NEIN

Wie man ein selbstbestimmtes Leben führt

Von: Edith N.
21.12.2016

Aufgrund des Titels, der Werbung und des Prologs hatte ich ein Buch mit Tipps erwartet, wie man es vermeidet, „ja“ zu sagen, obwohl man etwas gar nicht will. „Nein“ sagt man eben nicht so gern, weil man sich nicht unbeliebt machen möchte. Aber solche Tipps gibt es in diesem Buch nicht. Die Autoren halten nichts davon, Anleitungen zu geben. Stattdessen geht es hier im lockeren Plauderton um Entscheidungen, die wir ständig zu treffen haben. Das Leben ist heute voller Möglichkeiten und längst nicht mehr so strikt durch Konventionen festgelegt wie noch vor ein paar Jahrzehnten. Wo, wie und mit wem wir leben, womit wir unseren Lebensunterhalt verdienen und wie wir unsere Freizeit verbringen – das alles können wir nahezu frei bestimmen. Doch wie man Entscheidungen trifft und zu den Konsequenzen steht, das bringt uns niemand bei. Wer ein selbstbestimmtes Leben führen will, muss also selbst herausfinden, wie das geht. Viele tun sich schwer mit diesen unendlichen Wahlmöglichkeiten. Sie haben es lieber übersichtlich und würden sich sicherer fühlen, wenn ihnen jemand sagte, wo es langgeht. Das ist auch in Ordnung so. Die Menschen sind nicht alle gleich, und nicht jeder trägt das „Freiheitsgen“ in sich. Was immer man tut oder nicht tut – wenn es einem niemand vorgeschrieben oder befohlen hat, ist man für das, was dabei herauskommt, selbst verantwortlich. Mit der Möglichkeit zu scheitern und sich dann anhören zu müssen: „Selber schuld!“ und „Hab ich dir doch gleich gesagt!“, muss man erst einmal zurechtkommen. Und dass die Entscheidung für etwas immer auch die Entscheidung gegen alle Alternativen ist, sollte einem ebenfalls bewusst sein. Wer ständig den verworfenen Möglichkeiten hinterhergrübelt, wird seines Lebens nicht froh. Die perfekte Entscheidung wird es ohnehin nicht geben. Man muss eine treffen, die gut genug ist – und dann mit dem leben, was daraus folgt. Tatsächlich hat man mehr Entscheidungsmöglichkeiten als man gemeinhin denkt. Wenn man bereit wäre, die Konsequenzen zu tragen, könnte man jederzeit seine Familie verlassen, den Job hinschmeißen und anderswo ein neues Leben beginnen. Jede Entscheidung hat natürlich ihren Preis. Wäre das Weggehen schlimmer oder das Bleiben? Aber es gibt Risiken und Nebenwirkungen. „In weiten Teilen der Bildungs- und Arbeitswelt gilt Selbstbestimmung als abweichendes Verhalten, als egoistisch und verantwortungslos“ (Seite 147). Schnell hat man den Ruf weg, unsolidarisch zu sein und sich auf Kosten der anderen einen lauen Lenz zu machen. Das hält nicht jeder aus. Und übertreiben sollte man es mit dem Nein-Sagen auch nicht, denn wer nur stur sein eigenes Ding durchzieht, endet irgendwann als einsamer Steppenwolf, mit dem keiner was zu tun haben möchte, und der Mensch ist nun einmal ein soziales Wesen, das den Kontakt zu seinen Artgenossen braucht. Ein bisschen Rücksicht auf die anderen sollte man schon nehmen. Gemeinschaften profitieren allerdings auch von Abweichlern und Querdenkern. Würden alle immer nur nach Schema F vorgehen, entstünde nie etwas Neues. Ohne Abweichung von der Norm ist kein Fortschritt möglich. Dessen sollte man sich bewusst sein und nicht gleich die Krise kriegen, wenn mal einer ausschert. „Die Zeichen der Zeit sprechen eindeutig für diejenigen, die ihre Freiheit annehmen, eigenständig denken und Selbstverantwortung übernehmen“. (Seite 153), meinen die Autoren. Um selbstbestimmt leben, wachsen und sich verändern zu können, sollte man’s machen wie die Hummer: wenn denen ihr alter Panzer zu eng wird, stoßen sie ihn ab und lassen sich einen neuen wachsen. Um den Preis, dass sie während der Veränderungsphase, in der der neue Panzer noch weich ist, ungeschützt und verletzlich ist. Da muss man durch, wenn man sich weiter entwickeln will. Wenn man seine eigenen Entscheidungen trifft, kann man natürlich niemandem den Schwarzen Peter zuschieben, wenn eine Sache nicht gut ausgeht. Aber ist man deshalb wirklich für alles und jedes verantwortlich, was einem in Folge widerfährt? Da muss man für sich eine Grenze ziehen, sonst ist man ruckzuck bei diesen Schuldzuweisern, die einem einreden wollen, man habe sich sogar seine eigenen Krankheiten selbst „ausgesucht“. Da wird’s dann gefährlich. Nein zu sagen fällt einem, nachdem man dieses Buch gelesen hat, auch nicht leichter als davor. Aber man weiß jetzt zumindest, woran es liegt und kann sich entweder in sein Schicksal fügen oder aktiv an einer Veränderung arbeiten. Man lernt hier was fürs Leben – wenn auch vielleicht nicht genau das, was man anfangs zu lernen hoffte.

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