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Rezension zu
Wem gehört die Welt?

Kapitalismus ohne Schranken

Von: Michael Lehmann-Pape
05.01.2017

Am Ende wird es durch die Lektüre dieses voluminösen Buches klar, das zum einen die Welt der „Schattenbanken“ weitgehend Märkte, Formen, Industriekomplexe und, vor allem, Geld in einer Art und Weise zur Verfügung haben, dass damit die Fragen nach der „Weltherrschaft“ zumindest solange beantwortet sind, wie das Kapital in dieser Form das Ergehen des Planeten und seiner Menschen bestimmt. Wenn Jakobs an einer Stelle im Buch sechs Personen beim Namen nennt (als Verantwortliche für Fondsgesellschaften, Banken und andere Finanzierungsinstitute), die sich zusammensetzen werden, wenn eine weitere Krise wie 2008 hereinbrechen sollte, dann wird ebenso klar, dass der Kreis jener, die wirklich „die Welt bewegen“ überschaubar ist. Und noch nicht einmal alle der 200 Entscheidungsträger in den verschiedensten Rahmungen (Familiendynastie, Hedgefondsgesellschaften, Fondsgesellschaften, Industrielenker u.v.m.), die Jakobs zunächst im Kurzportrait im Buch vorstellt wären dafür vonnöten. Wobei darauf hingewiesen werden sollte, dass der Zugang zum Buch besser, anders als gewohnt, „von hinten nach vorne“ zu nehmen ist. Denn sich durch 200 Kurzportraits zu arbeiten, deren Inhalte weitgehend keine Geheimnisse darstellen, sondern allgemein auch durch einfache Google Recherchen zu klären wäre, mutet zunächst überaus lang an und beinhaltet auch wenig echten Informationswert zum Thema des Buches (außer dass eine Vielzahl von Personen (neben den „Promis“ der Wirtschaft und des „Geldadels“) eher nicht in der breiten Öffentlichkeit allzu bekannt sein könnten) Sobald aber der dritte und letzte Teil des Werkes gelesen ist (daher sollte man diesen zur Lektüre an den Anfang stellen) und damit auch die Vernetzung, Querverbindungen und die immensen Einflussmöglichkeiten der konkreten Personen allgemein verdeutlicht werden, liest man die Portraits doch in einem noch anderen Licht und kann sich gezielt jenen Personen zuwenden, denen das persönliche Interesse gilt. Dass Jakobs in diesem letzten Teil anhand übersichtlicher und verständlicher Schaubilder schon allein die immense Schere zwischen dem „Besitz“ der Finanzwirtschaft und dem tatsächlichen BIP der Welt gegenüberstellt, zeigt eindrucksvoll, in welche Schieflage das System geraten ist (wobei „schief“ eben nur für den „Normalbürger“ oder den „Armen“ gilt, für die „reiche Seite“ ist genau diese Lage hoch willkommen natürlich). Dabei geht es nicht nur um eine Akkumulation des Kapitals (nach Marx) für einzelne vermögende Personen, sondern um ein ganzes System von Akkumulationen der Industrie, der Pensionsfonds, der realen und der Finanzwirtschaft, der gesamten Wirtschaft, die, was Entscheidungen angeht, immer mehr in immer weniger konkrete Hände gerät. Denn wenn ein Larry Fink von Blackrock 6 Billionen Dollar verwaltet und dazu an allen wesentlichen Unternehmen der Welt ebenso wesentlich beteiligt ist, dann ist das nicht nur „Marktmacht“, dann ist das einfach auch „Chef-Sein“. Wie Josef Ackermann zu spüren bekam, als er Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank werden wollte. „Die größte Lüge in diesem System ist die vom „Streubesitz“. Die Realität ist Blockbildung“. Noch besser zu erkennen an der Strategie Amazons, jede Konkurrenz vom Spieltisch zu fegen und dann, am Ende, die Preis als eine Art Monopol bestimmen zu können. 80 Billionen Dollar an Volumen in den Schattenbanken, die schlichtweg von den kollabierenden traditionellen Banken die finanzträchtigen Geschäftsfelder übernommen haben und dies weitgehend ohne solche strikten Regulierungen vollziehen, wie es reale Banken inzwischen auferlegt bekommen (in Maßen), das zeigt, wohin der Weg seinen Verlauf nimmt. Nur noch um den erbitterten Konkurrenzkampf namentlich zu nennender (und im Buch natürlich mit vorgestellter) Großanleger untereinander geht es, das „Alpha“ zu finden, die besten Anlagemöglichkeiten und Renditen. Was aber tun, wenn „im Neokapitalismus Vermögensverwalter und Staatsfonds die Welt unter sich aufteilen“? Nachdem Jakobs die Protagonisten vorgestellt hat und nachdem er aufgewiesen hat, wie vertrackt, gefährlich und, vor allem, dem Zugriff der Bürger weltweit entzogen die eigentlichen Fäden mit unüberschaubaren Geldsummen gezogen werden, bleibt er auch die Antwort auf diese Frage nicht schuldig. Wobei es keine einfache Antwort ist und eine solche auch nicht geben kann angesichts der Geschwindigkeit der „Geldvermehrung“ und der Konzentration gewaltiger Mittel in wenigen Händen. So bleibt abzuwarten, ob die „Kultur der Bescheidenheit“, die „globale Lösung der Steuerfragen“. Die offenen „Verteilungsfragen“ immenser Privatvermögen, bei denen die Politik gefordert sein wird und dass alles im weltweiten Zusammenhang nur zu lösen, da kann einem schon der Mut schwinden, dass irgendetwas an dieser Entwicklung wirklich noch getan werden könnte. Letztendlich allerdings ist der größte Teil der Lektüre (die Portraits) eher als „Beiwerk“ zu den Grundgedanken der problematischen Entwicklung auf dem Finanzmarkt zu sehen und damit nicht unbedingt ein „Muss“ des Lesens. Das Jakobs teilweise holprig formuliert, sich nicht selten wiederholt stört die Lektüre an manchen Stellen merklich. Dennoch werden die Grundgedanken, statistischen Belege und Folgerungen sehr verständlich dargelegt und bieten somit einen guten Blick auf die kritische Gesamtlage.

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