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Rezension zu
Wie ein Fisch im Baum

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein ganz besonderes Buch

Von: privatkino
12.01.2017

Natürlich war mir durch den Klappentext schon klar, dass es um Legasthenie geht, allerdings finde ich es immer wieder erstaunlich, von Menschen zu hören, die Klasse um Klasse versetzt werden, ohne wirklich lesen und schreiben zu können. Ich frag mich da oft, wie geht das? Diese Menschen müssen ja eigentlich unglaublich intelligent sein, um dieses Schauspiel jahrelang aufrecht zu erhalten. Jeder findet seine eigene Lösung, das Geheimnis für sich zu behalten, Ally wählt den Weg des Unruhestifters. Gilt es einen Aufsatz zu schreiben, verweigert sie sich, stellt irgendwas blödes an, was sie wieder einmal zu Direktorin bringt. Ally könnte man wohl als Problemschülerin bezeichnen, aber da man ihre Gedanken kennt, die Geschichte aus ihrer Sicht erzählt wird, merkt man ihren Konflikt und sieht hinter die Fassade, die sie versucht unbedingt aufrechtzuerhalten. Allerdings, auch die Direktorin und die Lehrer sind sich irgendwie bewusst, das Ally nicht die typische Problemschülerin ist. Sie versuchen zwar, ihr immer wieder auf dem Weg zu geben, dass, sollte etwas sein, sie jederzeit zu ihnen kommen könnte, aber niemand schafft es wirklich, ihr Vertrauen zu gewinnen – bis der neue Lehrer Mr Daniels kommt. Auf den ersten Blick war mir nicht klar, warum sie gerade ihm vertraut, aber im Nachhinein betrachtet denke ich, gerade weil er Ally beobachtet, relativ schnell feststellt, dass sie Probleme mit lesen und schreiben hat, sie allerdings darauf nicht anspricht, sondern durch sein Verhalten zeigt – ich sehe dich, deine Schwierigkeiten, stelle mich darauf ein, du brauchst dich deswegen nicht zu schämen, genau durch diese Art findet er einen Zugang. Hier sieht man, welchen Spagat Lehrer vollführen müssen – sie müssen/sollten sich auf jeden Schüler individuell einstellen. Für Ally war der falsche Weg, sie zu bedrängen, ihr Hilfe anzubieten, sie brauchte mehr die Sicherheit, dass zwar jemand merkt, dass sie ein Problem hat, ihr aber die Zeit gibt, selbst zu entscheiden, wann sie darüber sprechen möchte. Ally hat sich von den Menschen abgekapselt, weil zwischenmenschliche Kontakte immer die Gefahr darstellen, das Geheimnis zu verraten. Sobald sie allerdings zu sich steht und langsam merkt, dass sie sich deswegen nicht schämen muss, findet sie Freunde, die sie sehen und nehmen, wie sie ist, weil sie ein wunderbarer und ziemlich witziger Mensch ist. Legastheniker sind nicht dumm, wie man oft vermuten könnte, das Gehirn gehorcht einfach nicht richtig, tut sich extrem schwer, die Buchstaben zu verarbeiten. Vermutlich stellt sich der eine oder andere jetzt die Frage: Wo ist den Allys Familie, warum bemerkten die nichts? Ihre Familie besteht aus Bruder und Mutter – sie sind nicht ignorant, interessieren sich für Ally. Ihr Bruder, er hat eine eigene Geschichte, die ich jetzt nicht verrate, aber es ergibt Sinn und ihre Mutter, nun ja, sie ist alleinerziehend, arbeitet sehr viel, gibt für ihre Kinder alles, nur eben Zeit, Zeit hat sie nicht viel. Man könnte jetzt sagen, wenn sie eine gute Mutter wäre, würde sie etwas merken, dann hätte sie Zeit – aber klar ist auch, reden kann man viel. Es zeigt eher eine gesellschaftliche Tragöde – ein Vollzeitjob reicht nicht, um eine Familie über die Runden zu bringen, dazu braucht es Überstunden und Überstunden bedeuteten, weniger Zeit für die Familie. Ein Teufelskreis. Das Thema wird im Buch nur kurz angeschnitten, gibt aber Verständnis für die Familie, wo man doch oftmals viel zu schnell geneigt ist, im Vorfeld zu verurteilen.

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