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Rezension zu
Die Stunde des Schmetterlings

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein ergreifender, poetischer und lebensbejahender Roman

Von: NiWa
13.01.2017

Deutschland/Frankreich 1915. Julius steht mitten in den Trümmern einer Kirche und setzt sich die Pistole an. Überraschend bringt ihn der hiesige Pfarrer von seinem Vorhaben ab und fordert ihn auf, ihm seine Geschichte zu erzählen - eine Geschichte, die von Freundschaft, dem Krieg und Vergebung handeln wird. So findet sich Julius, anstatt als Leiche in der Kirche, in der guten Stube des Pfarrers wieder - der fast als Einziger seiner Gemeinde die Stellung während der Kriegswirren hält. Julius fasst sich ein Herz und beichtet ihm, dass ihn nicht nur der Krieg in die Trümmer der Kirche trieb. Pieter Webeling hat einen wunderschönen, sehr literarischen Roman, über Freundschaft und den 1. Weltkrieg geschrieben. Gerade diese Zeitspanne trifft man meiner Meinung nach viel zu selten an, daher musste ich einfach zu diesem Buch greifen. Es geht aber auch um den Sinn des Lebens, den man wahrscheinlich in Kriegszeiten besonders rasch aus den Augen verliert. Im Vordergrund steht das Kriegsgeschehen und was es aus den jungen Männern macht. Sie ziehen voller Pathos und Freude an die Front, können es kaum erwarten, den Franzosen das Fürchten zu lehren und wollen beweisen, dass sie richtige Männer sind. Diesem Getaumel aus ansteckendem Jubel und unausweichlicher Abenteuerlust, können sich Julius und seine Freunde nicht entziehen. Julius, Erich, Claus und Theo ahnen allerdings nicht, dass es nicht das Abenteuer sondern das Ende ihres bisherigen Lebens ist. Denn auch falls man überleben wird, aus dem Krieg kommt niemand unverändert zurück. Zuerst führt der Autor die Figuren ein. Er lässt sich relativ lange Zeit, Erich, Claus und Theo vorzustellen. Dabei nimmt er Julius’ Perspektive ein. Schnell merkt man, dass Claus der Schlawiner unter den Freunden ist, Theo ein genaues Ziel vor Augen und seiner Kamera hat, Julius ein Poet werden will und Erich der Ruhige des Vierergespanns ist. Die Freundschaft dieser vier jungen Männer nimmt großen Raum in der Handlung ein. Sie zeigt, wie sie sich gegenseitig unterstützen, Mut zusprechen und in ihrer jugendlichen Ausgelassenheit aus manchen Schalk bitteren Ernst werden lässt. Angelehnt an Remarque verbildlicht Webeling das Geschehen im Schützengraben. Er greift dabei auf historische Begebenheiten zurück, gibt ihnen Namen und ein Gesicht, und man bekommt vor Augen geführt, dass es ganz normale junge Männer waren, die dort ihre Jugend gelassen haben. Die Schützengräben sind dreckig, das Brot ist verschimmelt, die Namen der Kameraden merkt man sich nicht, weil es sich ohnehin kaum auszuzahlen scheint. Mittendrin sind diese vier Freunde - voneinander getrennt - und jeder hat mit sich selbst und dem Krieg zutun. Webeling geht neben dem Grauen aber den schönen Seiten des Lebens auf den Grund. Er arbeitet durch die Figur des Pfarrers und mithilfe von Poesie den Sinn des Lebens in seinen Roman ein. Denn der Priester schafft es, die Blicke von Julius und des Lesers auf die Herrlichkeit der Welt zu lenken, auch wenn rundherum alles in Schutt und Asche liegt. Mich hat das Schicksal von Julius und seiner ganzen Generation sehr berührt und ich danke Pieter Webeling dafür, dass er sich des 1. Weltkriegs und all der namenlosen Soldaten der Vergangenheit angenommen hat. Meinem Geschmack nach war etwas zu viel Poesie vorhanden. An Rilkes „Der Panther“ kommt man bei diesem Thema nicht vorbei, bei Rimbaud habe ich Tränen gelacht, doch dann hätte er es meinem Empfinden nach gut sein lassen können. Dennoch ist „Die Stunde des Schmetterlings“ ein ergreifender, poetischer und lebensbejahender Roman, der neben den Schrecken des Krieges Platz für die wirklich guten Augenblicke lässt und damit ein literarisches Perlchen ist.

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