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Rezension zu
Die vielen Leben des Jan Six

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Geschichtspanorama und Familienchronik

Von: Buchmafia
22.01.2017

Geert Mak, genannt der Geschichtslehrer der holländischen Nation, folgt in seinem neuesten Werk den Spuren der Familie Six. Die Dynastie kam vor mehr als 400 Jahren als aus Frankreich Vertriebener Adel nach Amsterdam und gehört seit dem Goldenen Zeitalter zu einer der politisch, kulturell und sozial bedeutendsten Familien des Landes. Mit großem erzählerischen Talent wird aus der Familienchronologie gleichzeitig ein Einblick in Europäische und besonders Niederländische Geschichte, mit der die Familie Six untrennbar und eng verknüpft ist. Auf sehr persönliche Weise durch direkte Einblicke in die Familienchronik und Zugang zum alten Haus der Sixe an der Amstel mit all seinen über Jahrhunderte angesammelten Schätzen, Kleidungsstücken, Tagebüchern, Notizen und Erinnerungen verfolgt das Buch den Stammbaum der Sixe über mehrere Jahrhunderte bis in die Neuzeit. Dabei legt der Autor besonderen Wert auf den ersten Jan, der im 16. Jahrhundert lebte, zum Amsterdamer Establishment gehörte, ein enger Freund Rembrandts und Sohn eines hugenottischen Einwanderers und reichen Tuchmachers gewesen ist. Die Familie Six entstammt französischem Adel und zog während der Religionskriege Ende des 16. Jahrhunderts nach Amsterdam, das damals eine aufstrebende Welthandelsmetropole und protestantische Hochburg war. Tausende Flüchtlinge aus den südlichen Niederlanden sorgten dafür, dass die Stadt an der Schwelle zwischen Mittelalter und Moderne aus einer sumpfigen Siedlung zu einer der bedeutsamsten Städte Europas wurde. Der erste Jan, Schwiegersohn des berühmten Mediziners und Amsterdamer Stadtrates und Bürgermeisters Nicolaes Tulp, mit einem Bein noch im Mittelalter stehend und zugleich schon auf dem Weg zur Moderne, wird mit buntem Erzählstil aus verschiedenen Perspektiven betrachtet, was dem Leser ein rundes und verständliches Bild von ihm und vom Leben im Goldenen Zeitalter gibt. Er legte als Schöngeist die Grundlagen für die wertvolle und einzigartige Kunstsammlung der Familie, er bestimmte als Schöffe und Ratsmitglied das Leben der Stadt Amsterdam, kaufte Land und Güter und blieb trotz allen Reichtums und aller Macht ein normaler Mensch, neugierig und nonkonformistisch. Als sehr guter Beobachter und Zuschauer kann man sich beim Lesen hervorragend in ihn hineinversetzen, durch seine Augen das alte Amsterdam mit seinem aufstrebenden Bürgertum, die Gepflogenheiten und Eigenheiten Rembrandts, des Stadtmediziners Nicolaes Tulp, des Dichters Vondel und anderer Größen dieser Zeit betrachten. Der Titel "Die vielen Leben des Jan Six" steht aber auch dafür, dass ein Sohn der Familie immer Jan genannt wurde, der Jahrhundertelang das Familienoberhaupt gewesen ist, die Verantwortung für den Zusammenhalt von Familie und Gütern trug und deren Leben Geert Mak in seinem Buch verfolgt. Wenn von geschichtlichen Ereignissen berichtet wird, kann der Autor aus dem schier unerschöpflichen Fundus im Haus an der Amstel ein Gemälde, einen Gegenstand oder ein Dokument zuweisen, wie das Siegel, mit dem die Familie im 17. Jahrhundert ihr Tuch kennzeichnete oder Verse des Dichters Vondel zum Ratsherrenjubiläum von Schwiegervater Tulp, dessen Name übrigens aufgrund des von ihm verwendeten Tulpensiegels zustande kam. Nach dem Katastrophenjahr 1672 stagnierte die aufstrebende Holländische Nation, die Stellung Amsterdams als Weltstadt war stark angekratzt, jedoch die Familie Six schaffte es, profitable Geldquellen in Kolonien zu nutzen, Immobilien und Land zu erwerben und durch kluge Heiratspolitik das Vermögen zu erhalten und zu mehren. Der zweite Jan heiratete die Alleinerbin der Familie Tulp und sicherte sich so den Familienvermögen, agierte Jahrzehntelang als Bürgermeister von Amsterdam und als Junker auf ausgedehnten Landgütern verpachtete und beherrschte er ganze Dörfer, bis das korrupte System der Stadt Amsterdam aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zusammenbrach, aufgeblasene Ämter und Amtsmissbrauch eingeschränkt und der zweite Jan entlassen wurde. Bis in das 20.Jahrhundert stand Familienpolitik an erster Stelle, Hauptziel war es immer, das Vermögen, den Ruf und den Lebensstandard der Familie zu erhalten. Das führte zu vielen Zweck-Ehen, zu unverheirateten Töchtern, aber auch zum Verstecken der wertvollen Gemäldesammlung während der Nazibesatzung. Der jeweils Erstgeborene, de den Namen Jan trug, verbrachte sein Leben in Reichtum und Ruhm, andere Mitglieder der Familie wurden "geopfert" und mussten teilweise in Armut und Einsamkeit leben. Der große Verdienst des Autors besteht darin, die Familiengeschichte eng mit dem historischen Rahmen vom Goldenen Zeitalter, Revolten, Hungersnöten, Sklavenhandel und Städtebau zu verknüpfen und ein meisterhaft erzähltes buntes und sehr lebendiges Bild mit vielen überraschenden Details zu schaffen.

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