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Rezension zu
Der weite Raum der Zeit

Ein Buch, das mich positiv überrascht hat - ich konnte es nicht mehr aus der Hand legen

Von: Ramona | El Tragalibros
02.03.2017

#Shakespeare400: Das Wintermärchen – das Original Mit William Shakespears „Das Wintermärchen“ beschäftigt sich die britische Schriftstellerin Jeanette Winterson im Rahmen des Projekts #Shakespeare400 und erschafft dabei mit ihrem Roman „Der weite Raum der Zeit“ eine moderne Familiengeschichte. „Das Wintermärchen“ entstand Anfang des 17. Jahrhunderts und erzählt die Geschichte des von Eifersucht und Neid getriebenen sizilianischen Königs Leontes, der seine schwangere Frau der Untreue bezichtigt. #Shakespeare400: Der weite Raum der Zeit Leo ist Investmentbanker und er hat alles, was man sich nur wünschen kann: neben viel Geld und Macht ist er Vater eines kleinen Sohnes, den er abgöttisch liebt. Seine Frau erwartet das zweite gemeinsame Kind und Leos Leben könnte problemlos sein, wäre da nicht dieser nagende Zweifel an der Treue seiner Ehefrau MiMi, der sich in Eifersucht verwandelt. Ehe sich Leo versieht, hat seine entbrannte Paranoia nicht nur seine Frau schwer verletzt, seinen besten Freund vertrieben sondern auch seine neu geborene Tochter Perdita in die unbekannte Fremde entsandt. Sie bliebt spurlos verschwunden. Das Wüten eines Mannes: die Zerstörung einer Familie – #Shakespeare400 In blinder Wut zerstört Leo seine gesamte Familie und nicht nur das, auch seinen besten Freund aus Jugendtagen, Xeno, verliert er mit den haltlosen Anschuldigungen. Realität und Wahn verschwimmen aus Leos Perspektive und werden zu einem Gemisch aus Lug und Trug. Seine Eifersucht auf andere macht ihn rasend. Für die Argumente seiner Freunde, wie etwa der lebensfrohen und loyalen Pauline, ist er nicht mehr offen. Mit seiner unüberlegten, aber durchaus perfide geplanten Tat zerstört er nicht nur sein eigenes Lebens, sondern stürzt alle Figuren seiner näheren Umgebung in Chaos, hinterlässt Trauer und Verlust. Das Schicksal: der Beginn einer neuen Familie – #Shakespeare400 Doch aus Lügen, Wahn und Neid kann auch etwas Gutes entstehen. Zufällig oder schicksalhaft sind der klavierspielende Shep, der ein dunkles Geheimnis mit sich herumträgt, und sein Sohn Clo Zeugen als ein Mann mitten auf der Straße zu Tode geprügelt wird. In der nahen Babyklappe liegt ein Mädchen mit einem Koffer voller Geld. Shep nimmt sich der kleinen Perdita an und eine neue Familie entsteht, die dank des Geldes ein besseres Leben führen können. Über Glauben und Moral: die Vergangenheit Die Vergangenheit ist ein wichtiges Element in Jeanette Wintersons Roman, denn „Der weite Raum der Zeit“ erzählt die Geschichte von unterschiedlichsten Figuren, deren Vergangenheit und Gegenwart miteinander kollidieren. Jede Figur hat ihre Persönlichkeit im Laufe dieser Zeitspanne verändert, wie etwa Leo, der von einem draufgängerischen Jugendlichen, der seine wahre Sexualität sucht, zu einem paranoiden Mann geworden ist und im Zuge seiner Taten eine Kettenreaktion ausgelöst hat; er bliebt einsam zurück. Ereignisse der Vergangenheit interpretiert er in einer Art und Weise, die sein Handeln dazu in logische Konsequenz setzen. Aus der einstigen Freundschaft zwischen Leo und Xeno wird ein tödliches Spiel, das auch Xenos Familie zu einer unglücklichen Familie werden lässt. Zu seinem Sohn hat er nur wenig Kontakt, denn seine dauernde Abwesenheit hat die einst gute Beziehung immens getrübt. Stattdessen arbeitet er als Entwickler schon seit Jahren an einem Spiel mit dem Titel „Der weite Raum der Zeit“. Mit diesem Spiel verarbeitet er die Vergangenheit auf, vermischt Fiktion und Realität und lässt die Figuren seines Lebens in Rollen schlüpfen. Perdita hingegen wächst behütet am anderen Ende der Welt auf. Mit ihrem Vater und Bruder führt sie ein gutes Leben, bis sie sich in Xenos Sohn verliebt und die Wahrheit über ihre Herkunft herausfindet. „Der weite Raum der Zeit“ ist ein Spiel der Figuren, der Vergangenheit und – natürlich – auch der Zeit. Bestimmte Momente und Entscheidungen dehnen sich wie eine zähe Masse, lassen das Leben aus den Fugen geraten und der Rückblick auf diese vergangenen Zeitpunkte erscheinen als unveränderliche Gegenwart. Jeanette Wintersons Roman „Der weite Raum der Zeit“ ist ein spannendes Buch, denn es besteht aus mehreren Ebenen und hat tiefgründige Figuren. Keine von ihnen ist schwarz oder weiß, gut oder böse, sie alle sind eine graue Mischung – abgesehen vielleicht von Wintersons Liebespaar, die durch ihre Jugend in das Chaos ihrer Familien hineingeboren wurden. Aber von einer klassischen Liebesgeschichte kann bei „Der weite Raum der Zeit“ nicht die Rede sein, denn Winterson verpackt ihren Roman in ein Familiendrama in der Vergangenheit und lässt die Figuren in der Gegenwart aus dem angerichteten Chaos herauskriechen – jede auf ihre Art. Eine gewisse Sogwirkung entwickelt sich dabei, wenn der Leser die vorangestellten Ereignisse so langsam in den Kontext der Gegenwart setzen kann – spannend, verwickelt und durchaus lesenswert. Mich hat „Der weite Raum der Zeit“ auf sehr positive Weise überrascht. Ich bin in das Buch hineingestolpert und konnte es am Ende nicht mehr weglegen.

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