Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Wenn die Wahrheit Kopf steht

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Einführende Pflichtlektüre

Von: Koreander.net
03.03.2017

Christian Röther legt mit „Wenn die Wahrheit Kopf steht. Die Islamfeindlichkeit von AfD, Pegida & Co“ ein Standardwerk zur Einführung in die Thematik vor. Röther, der bereits über die islamfeindliche Bewegung in Deutschland promovierte, destilliert hier seine jahrelangen Recherchen „im antiislamischen Millieu“ sowie zahlreichen Interviews mit verschiedenen Aktivisten. Dabei glänzt Röther als Chronologist der neuen Rechten. Er begnügt sich nicht einfach damit auf Pegida und AfD zu zeigen, sondern er rekonstruiert den Entstehungszusammenhang der Islam- und Fremdenfeinde und weist damit daraufhin, dass auch große Medien, dem Rassismus und der Islamophobie den Weg bereiteten. Nicht zuletzt sind es Medien wie der SPIEGEL, der mit zahlreichen Titelbildern aufwartete, die den Islam in Gänze als Feindbild oder zumindest als Angstbild porträtierten. „Mekka Deutschland – die stille Islamisierung.“ klingt nicht zufällig wie ein rechtspopulistisches Werk von Udo Ulfkotte. Auch der Stern war Wegbereiter mit „Islam – warum wollen sie uns töten?“. Und selbst in der ARD im Bericht aus Berlin wird sich antimuslimischer Ressentiments bedient, wenn die Kanzlerin mit einem Schleier verhüllt dargestellt wird. Alle großen Medien haben bei der Vorbereitung der Hetze gegen Muslime, bei der Wegbereitung der Menschenfeindlichkeit eine wesentliche Rolle gespielt – sie haben die Ängste vor „dem Islam“ geschürt. Und nun werden die Früchte geerntet, die Jahrelang gesät wurden. Christian Röther dokumentiert die Wege der Anti-Islam-Bewegung von AfD über Pegida und er zeigt die gedankliche Nähe der Islamisten und der neurechten besorgten Bürger auf, wenn er die identisch-fundamentalistische Koranauslegung darstellt. Wesentliche Propaganda-Elemente sowie das Selbstverständnis der Verteidiger des Abendlandes finden ebenso Erwähnung, wie deren Dekodierung. Dabei ist Röther kein Rechtsextremismusexperte. Seine Stärke ist die profunde Kenntnis der Entstehungszusammenhänge, der Vernetzung und der wichtigsten Protagonisten der Neurechten, der Islam- und Demokratiefeinde. Von Dieter Nuhr über Thilo Sarrazin, von Akif Pirinçci über Henrik Broder von Boykottaufrufen und Mordfantasien lernt der Leser die Wegbereiter, Stimmen und Forderungen der „Lügenpresse“-Schreier kennen. Politically Incorrect, eine der zentralen Anlaufstellen, wenn es um obsessiven Hass auf den Islam™ geht, wird ebenso kritisch begleitet, wie die Islamophobie von Links, von Transatlantikern oder (vermeintlichen) Juden. Die Stärke des Buches liegt eindeutig in der umfassenden einführenden Darstellung der Zusammenhänge der vereinigten besorgten Bürger – kurz der Neurechten. Die einzelnen Abschnitte könnten durchaus ausführlicher sein. Mehr Information und auch ein Anmerkungsapparat wären sinnvoll gewesen. Die einzige wirkliche Schwäche liegt in der kaum vorhandenen Analyse der islamfeindlichen Bewegung. Hier werden vor allem die Zusammenhänge zwischen Islamfeindlichkeit, Rassismus, Sexismus und Antisemitismus vernachlässigt. Wird dieses Analyseinstrumentarium hinzugenommen, würde auch der Sprachgebrauch deutlicher werden. Bei zahlreiche Protagonisten der islamfeindlichen Szene wäre dann ohne weiteres von völkischen Faschisten zu sprechen. Wer sich also schon bestens auskennt mit AfD, Pegida & Co wird in dem Buch „lediglich“ eine gute Zusammenschau zum Nachschlagen finden. Für alle anderen ist es eine Pflichtlektüre über Hintergründe, Strategien, Netzwerke und Protagonisten der Islam- und Demokratiefeinde.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.