Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Charlotte

„Charlotte, mon obsession"

Von: yvonnen
10.03.2017

„Der folgende Roman beruht auf dem Leben der deutschen Malerin Charlotte Salomon. Sie war sechsundzwanzig und schwanger, als sie ermordet wurde. Ihr autobiografisches Werk Leben? Oder Theater ist die Quelle, auf die ich mich hauptsächlich beziehe.“ Dies teilt der Autor mit, bevor er uns einem Roman überlässt, dessen Textgestaltung schon ungewöhnlich ist. Jeder, der meist kurzen Sätze beginnt in einer neuen Zeile, so dass es eher scheint, als habe man hier Lyrik statt eines Romans in Händen. Die fast schon abgehackt wirkende Erzählweise und die im Präsens erzählte Geschichte Charlottes lässt einen beim Lesen zunächst stocken, erzeugt aber nachfolgend immer mehr den Eindruck, als berichte der gelegentlich in der Ich-Form auftauchende Autor in aufgeregter Weise über die ihn stark bewegende Biografie dieser Künstlerin. „Konnte ich aus Charlottes Geschichte einen Roman machen? Welche Form sollte das Ganze annehmen? Ich schrieb, löschte, kapitulierte. Ich brachte keine zwei Zeilen zu Papier. Nach jedem Satz geriet ich ins Stocken. Es ging einfach nicht weiter. Das war körperlich beklemmend. Ich verspürte beständig das Verlangen, eine neue Zeile zu beginnen. Um durchatmen zu können. Irgendwann begriff ich, dass ich das Buch genau so schreiben musste.“ (S. 73/74) Und so fliegt man aufgrund des Erzählstils geradezu durch dieses Buch, in dem eindringlich das Leben Charlottes zu einem Roman geformt und gefühlvoll untermalt wird, dabei aber glücklicherweise nicht ins Rührseelige abdriftet. „Das ist mein ganzes Leben“ – mit diesen Worten übergibt Charlotte einem Vertrauten 1942 einen Koffer voller Bilder. Sie erzählen ihre viel zu kurze Geschichte: von der Kindheit im Berlin der 20 Jahre, dem frühen Tod der Mutter, dem Zugang zu Berlins Künstlerkreisen durch die neue Frau des Vaters, dem Studium an der Kunstakademie, dem Leben als Malerin. Und dann: Flucht vor den Nationalsozialisten nach Südfrankreich, Leben im Exil, aber auch Liebe und Hochzeit. Nur ihre Bilder überleben – und damit ihre Geschichte, die David Foenkinos anrührend erzählt. Charlotte ist das Porträt eines verheißungsvollen Lebens, das viel zu früh beendet wurde. „Charlotte, mon obsession. Ich habe an den Schauplätzen ihres Lebens gesucht. Im Traum, in der Wirklichkeit. Nach den Farben in ihren Bildern. Mir gefielen die verschiedenen Gesichter von Charlotte, denen ich begegnete. Es waren viele Gesichter. Am wichtigsten bleibt für mich jedoch ihr Werk, Leben? Oder Theater? In dem sie durch den Filter der Kunst auf ihr Leben schaut. Um ihre Sicht der Dinge zu verzerren.“ (S. 186) Und so blickt uns auf dem Buchcover ein Ausschnitt aus dem Selbstporträt Charlotte Salomons (Gouache, um 1940) an, das eine gewisse Traurigkeit ausstrahlt und mich ebenso in den Bann zu ziehen vermag, wie der Schreibstil und die Geschichte, die dieser Roman erzählt. Ich mochte das Buch nicht mehr aus der Hand legen und kann es nur wärmstens empfehlen. „Charlotte“ von David Foenkinos ist für mich ein echtes Lesehighlight und wird in meinem Bücherregal einen Ehrenplatz bekommen.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.