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Rezension zu
Das geheime Leben des Monsieur Pick

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein bibliophiler Roman, eines bibliomanen Philanthropen. Einfach nur schön.

Von: Koreander.net
21.03.2017

Richard Brautigan erzählte in „Die Abtreibung: Eine historische Romanze 1966“ von einer Bibliothek, die die abgelehnten Manuskripte erfolgloser Autoren beherbergte. Eine ebenso rührende wie originelle Idee. Jeder der schreibt, weiß wie tragisch es ist, wenn man für den Mülleimer produziert, weil sich niemand findet, der die eigene Leistung zu würdigen vermag. David Foenkinos verfasst in „Das geheime Leben des Monsieur Pick“ eine Hommage an Brautigans geniale Idee, indem er einen seiner Protagonisten, in einem kleinen abgelegenen Dorf in der Bretagne, ebenfalls solch eine Bibliothek eröffnen lässt. Hier müssen die Autoren persönlich erscheinen und ihr Werk einreihen, quasi auf den Friedhof der Geschichte. Der Weg in das bretonische Dorf wird so zur Wallfahrt des Eingestehens des Versagens, aber auch des Loslassens und der Erneuerung. Doch was wäre wenn sich unter den zahllosen Manuskripten ein epochales Werk verbergen würde? Was, wenn einige Lektoren nicht richtig hingeschaut hätten? Was, wenn der Zeitgeist einfach gerade ein anderer war? Und was wäre, wenn der Literaturbetrieb weniger auf die Inhalte als auf das Image, die Show und die verkaufszahlen achtet? Könnten dann nicht Meisterwerke einfach so unter den Tisch fallen – bzw. in einer Bibliothek der abgelehnten Bücher landen? Genau das geschieht im geheimen Leben des Monsieur Pick. Eine junge Lektorin entdeckt in den zahllosen Manuskripten ein geniale, wie emotionale Geschichte von Liebe, Trennung und einer historischen Reminiszenz an den Todeskampf des russischen Nationaldichters Puschkin. Jeder, der das Werk liest, ist begeistert und so bahnt sich die Sensation des Jahrhunderts im Literaturbetrieb an. Ein mehrfach abgelehntes Manuskript eines unbekannten Autors, wird zum Bestseller und zum Hauptthema der Feuilletons. Wer war dieser ominöse Monsieur Pick, der diesen außergewöhnlichen Roman geschrieben hat? Das geheime Leben des Monsieur Pick ist dabei nicht nur eine wundervolle Geschichte über das Verlagswesen und die Literaturszene, es ist zugleich eine Erzählung über die Macht des geschriebenen Wortes und manchmal auch einfach nur über die Wirkung des Zufalls – oder zumindest die Veränderungen die das Leben manchmal braucht, um es zum Besseren zu wenden. Die einfach nur schöne Geschichte ist dabei durchweg spannend, ist doch bis zum Schluss nicht klar, was es nun mit Monsieur Pick und seinem Jahrhundertroman auf sich hat. David Foenkinos ist ein Meister der vermeintlichen Nebensächlichkeiten. Man muss schon aufmerksam lesen und vielleicht auch mal ein klein wenig recherchieren, um die Anspielungen und tieferen Bedeutungen zu erkennen und sie nicht einfach als schlechten Stil abzutun, wie es in mancher Rezension geschieht. Ein wundervolles Beispiel ist das Barabara-Album „La Mal de vivre“, das eine kleine aber bedeutende Rolle spielt. Foenkinos hätte jedes andere Chanson nehmen können, aber er bezieht sich auf das Lied „Göttingen“. Es ist eine wunderschöne, geradezu philanthropische Anspielung auf aktuelle Entwicklungen in Frankreich, Europa und auch weltweit. Die Liebe ist nicht nur wesentliche Triebfeder des Romans, sie ist auch wesentliche Triebfeder des Autors. Und das kann man an zahlreichen Stellen spüren, so man sich denn auf Belletristik einlassen kann. „Er tat so, als hätte ihn das überraschende Weidersehen entzückt, und ging davon, ohne sich weiter nach ihr zu erkundigen. Sie dachte sich, er hat sich nicht verändert, alles dreht sich immer nur um ihn. Sie konnte ja nicht wissen, wie weh sie ihm getan hatte.“ Es sind diese Kleinigkeiten, die natürlich nicht immer so bedeutend sind wie bei „Göttingen“, aber sie sind auch mehr als nur eine sprachlichere Spielerei, die den Roman, den Schreibstil von Foenkinos so wundervoll machen. Diese Vorliebe für Details, für die Gedanken der Protagonisten auch abseits der Haupthandlungsstränge, das Nachreichen von Erklärungen oder Zusatzinformationen für eigentlich bereits beendete Szenen, entwickeln eine Sogkraft, die einem ein permanentes Lächeln, ob der Liebe Foenkinos für seine eigene Erzählung, ins Gesicht zaubert. Dadurch sieht man beim Lesen allerdings eventuell leicht debil aus. Das sollte man bedenken, wenn man es gewohnt ist, in der Öffentlichkeit zu lesen. Auch ist dem Buch ein sehr spezifischer Humor zu eigen. Dies gilt es ebenfalls zu beachten, sollte man gerne in einem Kaffee lesen. Denn wer bei der Lektüre laut lacht, gerät natürlich schnell in den Verdacht man würde Trivialliteratur lesen. Oder noch schlimmer irgendein Buch eines geghostwriteten Comedian. Gott bewahre. Foenkinos ist Unterhaltung. Selbstverständlich. Aber Monsieur Pick ist wundervolle Unterhaltung. Unterhaltung mit fantastischen Sprachbildern und herausragenden Formulierungen. Ich neige fast dazu, dies für eine Spezialität der französischen Literatur zu halten. Sie „schminkte sich ab, schwermütig wie eine alternde Schauspielerin nach der letzten Vorstellung.“ Den Satz kann man ruhig länger auf sich wirken lassen. Wer bibliophile Romane von einem bibliomanen Philanthropen lesen mag, ist mit „Das geheime Leben des Monsieur Pick“ bestens beraten. Kurzweilig, liebevoll, einfach nur schön.

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