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Rezension zu
Die Fliederinsel

Lieblicher Titel, packender Inhalt

Von: Susanne Edelmann
26.05.2017

Hinter diesem lieblichen Buchtitel verbirgt sich ein packender Roman rund um ein jüdisches Paar auf der Flucht vor den Nazis. Ruth und Jakob Liebermann sind frisch verheiratet und leben in Berlin, sie arbeitet als Modezeichnerin, er feiert erste Erfolge als Autor von Theaterstücken. Doch die Herrschaft der Nationalsozialisten bringt sie immer mehr in Bedrängnis und nach der Reichskristallnacht bittet Ruth Jakob inständig, mit ihr nach Dänemark zu flüchten, denn auf der dänischen Ostseeinsel Fünen hat Ruths Familie ein kleines Sommerhaus. Jakob gibt Ruths Drängen nur zögerlich nach, zu sehr hängt er an dem Leben in der Großstadt. Doch schließlich verlassen beide Deutschland in Richtung Dänemark. Auf Fünen, wo Ruth die Sommer ihrer Kindheit verbracht hat, werden die beiden herzlich aufgenommen und erfahren viel Hilfsbereitschaft, vor allem durch ihre Nachbarsfamilie Larsson. Nach und nach gelingt es Ruth, das Sommerhaus in ein Heim zu verwandeln. Die herrliche Fliederblüte, für die Fünen bekannt ist, inspiriert sie zu wundervollen Bildern und so macht sie sich allmählich einen Namen als Malerin und kann mit ihren Gemälden schließlich sogar den Lebensunterhalt für ihre kleine Familie bestreiten. Auf Fünen wird nämlich aus dem Ehepaar Liebermann die Familie Liebermann, denn hier kommt Tochter Ingrid zur Welt, ausgerechnet an dem Tag, als der Zweite Weltkrieg ausbricht. Zunächst hat dieser allerdings nur wenig Auswirkungen auf das friedliche Inselleben. Doch der Widerstand der Dänen gegen die Nazis wächst, immer mehr Juden suchen hier Zuflucht und so gibt es schließlich immer mehr Aufstände und Protestaktionen im „Musterprotektorat“. 1943 kommt es zu einer groß angelegten, nächtlichen Aktion der Nazis, bei der alle Juden in Dänemark „festgesetzt“ werden sollen. In letzter Minute gelingt Ruth und Jakob die Flucht nach Schweden, doch ihre Tochter Ingrid müssen sie schweren Herzens bei den Larssons zurücklassen. Erst nach Kriegsende ist die Familie wieder vereint, aber das Wiedersehen verläuft alles andere als erhofft. Dieses Zitat aus dem Buch beschreibt die Situation meiner Meinung nach sehr gut: „Ich hab immer nur bis zum Ende des Krieges gedacht“, sagte Ruth unvermittelt. „Irgendwie hab ich geglaubt, wenn der Krieg vorbei ist und die Nazis besiegt sind, dann wird auf einen Schlag alles gut, wunderbar und herrlich. Wir werden wieder eine glückliche Familie sein und überhaupt… Ich hab durchgehalten. Aber jetzt sind meine Reserven verbraucht. Mir fehlt die Kraft.“ Jahrzehnte später mietet die Deutsche Celia das Sommerhaus, nachdem sie sich auf einem Foto in das schmucke Gebäude verliebt hat. Vor Ort findet sie nicht nur ein verschollen geglaubtes Fliederbild von Ruth Liebermann, sondern kommt auch einem Geheimnis aus ihrer eigenen Vergangenheit auf die Spur. Mich hat dieser Roman von der ersten Seite an gefesselt. Durch die wechselnden Perspektiven und die zwei Zeitebenen verliert die Geschichte nie an Spannung, im Gegenteil: So manches Kapitel endet mit einem Cliffhanger, der es absolut unmöglich macht, das Buch aus der Hand zu legen. Ich habe mit Ruth gemeinsam gebangt, gelitten, geweint und gelacht. Ich vermeinte, den Duft des Flieders zu riechen und für mich steht nun fest, dass ich unbedingt selbst mal nach Fünen reisen muss. Darüber hinaus habe ich aber auch jede Menge gelernt. Denn ich muss gestehen, dass ich vorher absolut keine Ahnung von der Rolle Dänemarks im Zweiten Weltkrieg hatte. Noch viel weniger wusste ich von der beispiellosen Rettungsaktion, in der viele Dänen ihre jüdischen Mitmenschen vor dem Zugriff der Nazis gerettet haben. Wie ich dem Nachwort der Autorin entnehmen konnte, ist diese Aktion in Skandinavien hingegen nicht nur allgemein bekannt, sondern nahezu legendär und identitätsstiftend. Immerhin haben 99 Prozent der Juden in Dänemark diese schreckliche Zeit überlebt und das nicht zuletzt auch dank der großen (aber nicht immer selbstlosen) Unterstützung durch die dänische Bevölkerung. Allerdings teilten viele der damaligen Flüchtlinge das Schicksal von Ruth und Jakob, ihre Kinder bei Verwandten oder Freunden zurück lassen zu müssen. Welche Auswirkungen das auch noch auf nachfolgende Generationen hatte, wird in dem Roman ausgesprochen einfühlsam geschildert. Auf die Autorin Sylvia Lott wurde ich vor gut zwei Jahren aufmerksam, als ich ihren Roman „Die Glücksbäckerin von Long Island“ gelesen habe. Schon dieses Buch hatte mich begeistert, so dass ich mit Spannung auf „Die Fliederinsel“ gewartet habe. Und ich wurde nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil! Ich kann dieses Buch all jenen von Herzen empfehlen, die einen gut recherchierten, spannend geschriebenen Familienroman in historischem Kontext zu schätzen wissen. Und ganz nebenbei: Ist dieses Buchcover nicht einfach nur zum Verlieben?

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