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Rezension zu
Die Zweige der Esche

Frau im Krieg

Von: Constanze Matthes
28.08.2017

Die Wahl Abraham Lincolns zum amerikanischen Präsidenten 1860 und die Sklaverei-Frage spalten das Land. Mehrere Südstaaten verlassen die Union und schließen sich zu einer Konföderation zusammen. Als am 12. April 1861 Fort Sumter (South Carolina) durch Soldaten aus dem Süden beschossen wird, verwandelt sich der Konflikt in einen Krieg. 3,8 Millionen Soldaten nehmen in den kommenden vier Jahren daran teil, rund 560.000 von ihnen lassen ihr Leben. Obwohl bereits viel über diese Zeit geschrieben wurde, ist ein Kapitel nur wenig bekannt: Dass sich auch Frauen den beiden Armeen einst angeschlossen haben. Der amerikanische Autor Laird Hunt erzählt davon in seinem Roman „Die Zweige der Esche“. Grundlage seines Buches waren neben Fotografien der Schlachtfelder, wie Hunt in seiner Danksagung am Ende des Buches erklärt, die Recherche und Lektüre zahlreicher Werke zu diesem Thema. Zwei von ihnen widmen sich konkret weiblichen Soldaten während des Bürgerkriegs; darunter Briefe von Sarah Rosetta Wakeman, die als Lyons Wakemann im 153. Infanterie-Regiment der Union gekämpft hat. Gerade 21-jährig verstarb sie 1864 in einem Marine Hospital in New Orleans. Hunt, der früher als Pressereferent für die Vereinigten Nationen tätig war und heute Kreatives Schreiben unterrichtet, nennt seine Heldin Ash Thompson, alias Constance Thompson. Nach einigen Diskussionen, aber schließlich mit dem Segen ihres Mannes Bartholomew verlässt die junge Frau die heimische Farm in Indiana und zieht für die Nordstaaten in den Krieg. Weil sie robuster und stärker ist als ihr Mann. Selbst gegen kräftige Kerle gewinnt sie das Armdrücken im Handumdrehen. Was in den Tagen und Wochen auf Wanderschaft und später im Ausbildungscamp an eine erlebnisreiche Zeit und Reise in neue und unbekannte Gefilde, schlichtweg an ein Abenteuer erinnert, wird später inmitten der Schlachten und der Schützengräben zu einem Grauen. Der Tod ist ein stetiger Begleiter, weil Kameraden sterben, weil die Felder voller Leichen sind. Er fragt nicht nach dem Alter oder nach der Herkunft, ob der Soldat eine Familie hat, welchen Beruf er ausübt. Auch Krankheiten fordern ihren Tribut. Menschlichkeit findet sich nur in wenigen kurzen Augenblicken. Ash wird Zeugin dieser dunklen Welt und ist zugleich ein Gewalt ausübender Teil von ihr, die ohne zu zögern zur Waffe greift, Mut und Klugheit beweist; ohne indes dass das Gros der Armee ahnt, dass sich in der Uniform eine Frau befindet. Zu den besonderen Begegnungen vor, während und nach der Schlachten sind neben den Aufeinandertreffen mit dem charismatischen und belesenen Colonel und spätere General jene, in sie auf andere Frauen trifft. Die Kompanien sind allgemein „bunt gemischt“. Chinesen, Indianer und Afroamerikaner gehören den Armeen an. In Briefen berichtet Ash ihrem Mann von ihren Erlebnissen, zudem hält sie stille Zwiesprache mit ihrer bereits verstorbenen Mutter. Doch die Gefahren lauern nicht nur im Kampfgetümmel. Die junge Frau wird von Banditen gefangengenommen, später von einer Frau, die sie erst freundlich in ihrem Haus aufnimmt, hinterrücks verraten. Ash findet sich schließlich als Spionin verrufen in einem Irrenhaus wieder. „Die Zweige der Esche“ ist keine emotional leichte Lektüre, kein spannendes Historien-Drama mit leicht kitschigem Sepia-Anstrich, das man nach der letzten Seite zuklappen und innerlich abhaken kann. Vielmehr erweist sich der Roman als harte Kost, der sich mit vielen seiner Szenen einbrennt. Die Erzählerin ist keine geringere als Ash selbst, die in einer burschikosen und verknappten Sprache von ihrem Leben als Soldatin und ihrer Rückkehr sowie in kurzen Streiflichtern von ihrer Vergangenheit berichtet. Das Buch handelt nicht von militärischer Taktik, sondern vom Leid der Soldaten und Zivilisten, deren Heimat zerstört wurde, aber auch wie ganz normale Menschen mit einer Waffe in der Hand das Leben anderer auslöschen und jeden Hauch von Menschlichkeit zunichte machen. So auch Ash, nach deren Heldentaten die Soldaten ein Lied zu singen hatten, sondern die letzten Endes zur Verursacherin ihrer eigenen Tragödie wird. Dass der Funken, der die Welt in Brand setzt, schon früher entstanden ist, zeigen vor allem Szenen im letzten Drittel des Buches, in dem nicht nur die Wahl des deutschen Titels erklärbar wird. Denn auch die Sklaverei findet mit mehreren Passagen, die sowohl die unmenschliche Behandlung der Sklaven als auch den Hass auf Gegner der Sklaverei schildern, Eingang in die Handlung, obwohl dieses gerade für diesen Bürgerkrieg so entscheidende Thema wohl noch etwas mehr Raum in diesem trotz alledem herausragenden Roman hätte bekommen können.

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