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Rezension zu
Die Moortochter

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Besser gefallen, als erwartet

Von: Kaisu
30.08.2017

„Er lässt meine Hand los und führt die Beamten über unsere vordere Veranda ins Haus. Und die Mauern meines so sorgsam aufgebauten zweiten Lebens stürzen einfach so ein.“ (S.46) Helena Pelletier steht vor den Scherben ihres Lebens. Mühsam hat sie sich abgekapselt. Hat ihren Namen geändert. Sich eine Familienidylle mit ihrem Mann und zwei Töchtern aufgebaut und selbst ihnen nie DAS große Geheimnis verraten. Aus Schutz oder aus Angst? Fakt ist, dass ihr dies nichts genützt hat, da das Übel – ihr Vater – aus dem Gefängnis ausgebrochen ist und alles mit einem Schlag ans Tageslicht kommt. Plötzlich wird ihr klar, dass sie die Vergangenheit nicht einfach ausblenden kann. Sie muss sich ihr stellen. Jetzt, als erwachsene Frau, wo sie eine andere Sicht auf die Dinge hat, als als Kind. Sie kennt das Moor, wo sie jahrelang zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Vater gelebt hat, wie ihre Westentasche. Sie weiß, wie man jagt und Fährten liest. Wie man eins mit der Natur wird. Das kann die Polizei nicht und so bleibt nur ein Weg offen: Sie muss ihren Vater selbst suchen. „Wenn irgendjemand meinen Vater fassen und ins Gefängnis zurückbringen kann, dann bin ich es. Niemand kann meinem Vater das Wasser reichen, wenn es darum geht, sich in der Wildnis zurechtzufinden, aber ich bin nahe dran. […] Ich weiß, wie er denkt. Was er tun wird. Wohin er gehen wird.“ (S.57) Natürlich spricht sie ihre Pläne nicht offen aus, sondern nutzt einen passenden Moment aus, um zusammen mit ihrem Hund im Moor abzutauchen. Nach kurzer Zeit hat sie bereits einen ersten grausigen Hinweis entdeckt: Ein toter Polizist liegt am Waldesrand. Kurz und schmerzlos hingerichtet. Und dabei entdeckt sie etwas, was sie so nicht erwartet hat. Ein Zeichen. Ihr Vater weiß, dass sie ihm auf der Spur ist. Sieht er es als Spiel? So wie damals? Ab diesem Moment ist der Jagdtrieb in Helena vollstens erwacht. Jetzt fragt man sich, warum macht sie das? Warum fügt sie sich dieses Leid zu? Sie weiß, dass doch zu was ihr Vater fähig ist! Ja, das weiß sie inzwischen, aber dennoch ist er ihr Vater. Ein Mann, den sie geliebt hat. Der ihr vieles beigebracht hat. Ein perfektes Vater Tochter Verhältnis. Dass er in Wirklichkeit ein Psychopath ist, der ihre Mutter entführt hat und dass seine Strafen bei Missachtung von Aufgaben Folter und nicht normale Erziehungsmaßnahmen waren, wusste sie lange Zeit nicht. Und nun möchte sie damit abschließen. „Die Leute scheinen das Foto als ein Sinnbild für den bösartigen Charakter meines Vaters zu sehen, den fotografischen Beweis dafür, dass er beabsichtigte, meine Mutter und mich lebenslang als Gefangene zu halten. Für mich markierten die Schuhe nur mein Wachstum, so, wie andere Leute ihre Kinder mit Kreide an einer Wand messen“ (S.69) An dieser Stelle folgt ein entscheidender Hinweis meinerseits: Dieses Buch ist kein Psychothriller. Es ist die Geschichte einer Frau, die in der Wildnis aufgewachsen ist, die nicht wusste, dass dieses Leben DORT nicht normal ist. Für sie war ihr Vater, ein Mann zu dem sie erstaunt aufgeschaut hat und ihre Mutter eine stille, in sich gekehrte Frau. Es wird aus ihrer Sicht beschrieben, was sie erlebt hat. Wie sie gelebt hat und welche Auswirkungen das moderne 21.Jahrhundert letztlich auf sie hatte. Im Hintergrund – quasi der Gegenwart – versucht sie nun ihren Vater aufzuspüren und mit ihrem Gewissen zu recht zu kommen. Schließlich liebt sie ihre neue Familie und möchte ihnen durch ihre Vergangenheit kein Leid zufügen. Der Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart geschieht ständig. Es ist, als ob Helena vor einem sitzt und über alles berichtet. Dieser Stil sorgt natürlich für eine gewisse Spannung, da man wissen will, wie sie reagiert, wenn sie nach Jahren ihrem Vater wieder gegenübersteht. Letztlich hat mich dieses Buch erstaunlich gut unterhalten. Dank ein paar Hinweisen vorab, wusste ich, dass ich keinen sauspannenden, nervenaufreibenden Thriller erwarten darf. Nur gegen Ende will man, dass die gute Helena nicht mehr so viel sinniert und endlich weiter ihren Vater sucht, denn die Spannung nimmt doch merklich zu und die häufigen Szenenwechsel bremsen den Fluss etwas aus. Lesenswert, wenn man sich auf die Geschichte einer Gefangenen einlassen kann, die nun endlich alle Fesseln von sich lösen möchte. Dieser Weg ist sehr steinig und holprig, aber er wirkt authentisch und es macht Spaß ihr zu folgen.

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