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Rezension zu
Kurzer Abstecher

Back on track?

Von: Elke Heid-Paulus
02.10.2017

Wer erinnert sich nicht an „Trainspotting“, den 1993 erschienenen Roman Irvine Welshs über die schottische Drogenszene. Fortgeschrieben wurde die Geschichte der Clique in „Porno“ (2002), und 2012 machte uns der Autor in „Skagboys“ mit der Vorgeschichte bekannt. Was ist in der Zwischenzeit aus den Protagonisten geworden? Haben sie die Drogenexzesse überlebt, sitzen sie im Knast oder sind sie clean geworden? Diese Fragen mag sich auch der Autor gestellt haben. Antwort darauf gibt er in „The Blade Artist“ aus dem Jahr 2016, nun in der Übersetzung unter dem Titel „Kurzer Abstecher“ in der Übersetzung bei Heyne Hardcore erschienen, wobei Welsh sich hier auf Franco Begbie konzentriert, den einzigen aus der Clique, der nicht drogensüchtig war, sondern sich an und mit Gewalt berauscht hat. Franco Begbie gibt es nicht mehr. Nein, er ist nicht tot, er hat nur einen anderen Namen angenommen und lebt jetzt als Jim Francis in Kalifornien mit Frau (einer Kunsttherapeutin, die er im Gefängnis kennengelernt hat) und zwei Töchtern. Sein neues Betätigungsfeld ist nun die Bildende Kunst, und mit seinen verstörenden Plastiken hat er sich einen Namen bei den Reichen und Schönen gemacht. Aber die Aggressionen brodeln noch immer unter der Oberfläche. Eine Nachricht aus seinem früheren Leben katapultiert ihn zurück in die Vergangenheit. Sean, sein Sohn aus einer früheren Beziehung, wurde in Edinburgh ermordet. Zwar hat er schon seit Jahren nichts mehr von ihm gehört, aber er ist sein Fleisch und Blut. Also dann, auf zu einem kurzen Abstecher nach Schottland! Und zwar nicht nur, um an den Trauerfeierlichkeiten teilzunehmen, sondern um den Mörder seines Sohnes ausfindig zu machen. Edinburghs Unterwelt ist alarmiert, denn hier weiß jeder, dass Begbie ein Meister mit der Klinge ist… Schaut man sich „Kurzer Abstecher“ im Vergleich mit den Vorgängern an fällt auf, dass deren Stories zwar durch eine Rahmenhandlung zusammengehalten wurden, aber dennoch eher in der Struktur einem Mosaik ähnelten. „Kurzer Abstecher“ hingegen ist ein astreiner Thriller und konzentriert sich ausschließlich auf Franco Begbie und dessen Rückkehr auf bekanntes Terrain. Innere Monologe kombiniert mit Rückblicken in die Vergangenheit lassen die Zwiespältigkeit des Protagonisten erkennen, der sich durch seinen jüngeren Sohn mit seinem alten Ich konfrontiert sieht. Und es stellt sich die Frage, ob er sich wirklich geändert hat oder noch immer der kaltschnäuzige Kriminelle von damals ist. Das ist der Dreh- und Angelpunkt dieses Thrillers. Wie immer ist Irvine Welsh nicht zimperlich in seiner Wortwahl bzw. der Beschreibung von Gewaltszenen – von daher eher eine Lektüre für abgebrühte Leser. Kurze Bemerkung zum Schluss: Wie eingangs erwähnt ist „Kurzer Abstecher“ der mittlerweile vierte Roman um die Edinburgher Clique, und wenn man diesen mit „Trainspotting“ vergleicht, hat die Geschichte doch ziemlich an Substanz verloren. Zu viel Blut, zu viel Nabelschau, zu wenig kritische Blicke auf die gesellschaftspolitischen Zustände, zu wenig bissige Kommentare. Scheint so, als wäre diese Story auserzählt.

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