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Rezension zu
Lob des Schattens

Empfehlenswert!

Von: Marlon - Die Buchblogger
04.11.2017

Versprochen hatte ich mir von diesem Buch einen Text über Kunst, Architektur und deren Verhältnis zu Licht und insbesondere: Schatten. Ich wusste schon, dass Schatten eine große Wirkung haben können, dachte aber, eine weite Sicht durch eine Person, die sich über einen langen Zeitraum Gedanken zu dem Thema gemacht hat, könnte mir noch mehr interessante Informationen bringen. Außerdem wollte ich nach meinem Murakami-Flop im letzten Jahr noch einmal einen asiatischen Autoren ausprobieren, um zu sehen, ob es wirklich generell am geografischen Unterschied lag, oder ob mich Murakami allein damals einfach nicht überzeugen konnte. Und es ging auch sehr gut los! Im ersten Drittel geht Tanizaki (das ist der Nachname) stark auf die japanische Architektur ein und dabei auch wie und warum sie so eng mit Schatten und besonderen Lichteinwirkungen verbunden ist. Er beschreibt zum Beispiel, wieso die shoji, die traditionellen, mit Papier bespannten Holzrahmen, ein so wichtiger Bestandteil von japanischen Häusern sind und wieso sie nur funktionieren, wenn ein bestimmtes – lichtdämmendes, am besten noch mit Goldfäden durchzogenes – Papier in sie eingelegt wird. Er stellt die These auf, dass Schatten einem Raum und sogar einem ganzen Ort, egal ob drinnen oder draußen, eine ganz neue Kraft verleihen können und oft auch erst bestimmte Stellen so besonders machen. Aber er bleibt nicht nur bei Thesen! Er stellt nicht nur fest, sondern versucht auch alles mit Beispielen zu erklären und erläutert immer seine Ideen, ohne dabei etwas vorzuschreiben, sondern betont extra jederzeit, dass es seine Meinung ist, über die er hier schreibt. Der Teil über Architektur nimmt etwas ein Drittel des Buches ein. Danach redet er größtenteils über japanisches Theater und wieso es so „magisch“ wirkt. Aber ganz ehrlich, so interessant war das für mich nicht. Ich bin kein Japan-Fan und plane auch keine Reise in diese Richtung in der nächsten Zeit, aber jemand, der sich für so etwas oder die japanische Kultur im generellen interessiert, könnte daran echt Spaß haben, da er auch hier nicht nur oberflächlich bleibt, sondern auch tiefgreifendere Aspekte erläutert. Der Schreibtil von Tanizaki hat mir sehr gut gefallen. Er weiß, wie man es ausdrücken muss, wenn man seinen Standpunkt erklären will und dabei den Leser auch noch unterhalten möchte. Ich könnte mir auch vorstellen, dass sein Schreibstil sehr klassisch asiatisch ist und deshalb wundere ich mich, dass mir dieses Buch auch so gut gefallen hat und ich es so schnell lesen konnte durchgelesen habe. Bei Murakami hatte ich immer das Gefühl, seine Bücher wären sehr „kalt“ und irgendwie sogar deprimierend, aber das hier war eher entspannt und hat bildhaft von japanischen Buchten und Bergregionen erzählt. Trotzdem muss man ihn als Autoren auch im historischen Kontext sehen: er veröffentlichte diesen langen Essay 1933 in einer Zeitung und schreckte – wie so viele zu dieser Zeit – auch nicht zurück, von „der asiatischen Rasse“ oder „Negern“ zu sprechen. Trotzdem muss ich darauf hinweisen, das diese Aspekte nur sehr kurz auftreten und ich nach dieser Lektüre Tanizaki nicht als Rassisten bezeichnen würde. Denn im Grunde geht es ihm nur um die Unterschiede zwischen westlichen Ländern und China und Japan. Er kritisiert zwar indirekt, dass „der Westen“ Asien überannt habe und die traditionellen Kulturen dort mit Dingen wie elektrischem Licht vertrieben habe (und somit auch seine geliebten Schatten), aber macht auch klar, dass es zu großen Teilen auch Asiens eigene Schuld war. Er geht der Ansicht nach, dass viele Erfindungen anders funktionieren und aussehen würden, wären sie von Asiaten erfunden. Da sie jedoch von Amerikanern, Deutschen, Engländern und vielen anderen Europäern für den Weltmarkt hergestellt wurden, gingen diese Geräte nicht auf die Kulturen in Asien ein und passen somit zum Beispiel nicht zu traditionell japanischer Architektur oder Theaterkunst. Er selbst wurde 1886 in Tokio geboren und hat somit eine starke Verbindung zu der Kultur des Landes. Dadurch, dass er in einer Kaufmannsfamilie aufgewachsen und viel gereist ist, kann er von vielen verschiedenen Erfahrungen, Erlebnissen und Eindrücken berichten – Egal ob er von legendären Luxu-Hotels schreibt oder von kleinen Lehmhütten auf dem Land. Er wirkt sehr gelehrt und erfahren in dem was er tut und gibt seinem Buch eine gewissen „Entspanntheit“, die man manchmal bei solchen Büchern vermisst. Loben möchte ich auch an dieser Stelle wieder die besondere Aufmachung des Buches. Wie jedes Manesse-Buch sind die Seiten sehr qualitativ und man hat sich Gedanken über das komplette Gestaltungspaket gemacht. Ich mag das reduzierte Cover mit den gedeckten Farben. Besonder wichtig ist hierbei wohl das Material aus dem der Schutzumschlag gefertigt wurde. Er besteht aus einem dicken, etwas unsauberen Papier, dass eher eine leicht gelbliche Farbe hat. Tanizaki geht in diesem Buch auf den Unterschied zwischen komplett weißem und leicht getöntem, handgearbeitetem Papier ein und so würde diese Aufmachung wohl auch dem Autoren selbst gefallen. Wie man es von Manesse kennt, gibt es auch bei diesem Buch wieder Anmerkungen und biografische Notitzen am Ende des Buches, die einige – darunter besonders die japanischen – Begriffe für den Leser sehr verständlich und gut erläutern. Dazu kommt noch ein kleine Übersicht der Epochen der japanischen und chinesischen Geschichte, die für mich zwar nicht so wichtig waren, wie die Anmerkungen, aber auch beim Lesen hin und wieder helfen können. Gefallen hat mir auch die Übersetzung von Eduard Klopfenstein, die sehr durchdacht und hochwertig gewirkt hat. Alles in allem ein gutes Buch, dass viele Aspekte abdeckt, die die Kraft von Schatten beleuchten. Eine Empfehlung besonders für Japan-Fans! – 3/5 Sterne

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