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Rezension zu
Der Sympathisant

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Viet Thanh Nguen | DER SYMPHATISANT

Von: Bookster HRO
09.11.2017

INHALT (Vorsicht Spoiler!): Vietnam 1975. Saigon ist gefallen, der kommunistische Norden hat gesiegt, woraufhin ein Gruppe südvietnamesischer Regierungsmitglieder das Land Richtung Kalifornien verlassen muss. Unter ihnen der namenlose Ich-Erzähler, der im Auftrag seines Vorgesetzten und mit Hilfe des CIA auch nach dem Krieg für die Befreiung seines Landes kämpft. Der Plan ist, eine Gruppe Südvietnamesen zusammenzustellen, die als Untergrundkämpfer in die verlorene Heimat geschleust werden sollen. Doch der Ich-Erzähler hat ein Geheimnis: Er ist Doppelagent und schreibt in chiffrierten Briefen über die Fortschritte des südvietnamesischen Sonderkommandos an einen kommunistischen Kontaktmann in Paris. Als sich die Hinweise häufen, dass sich ein Maulwurf in dem Kommando befindet, muss der Doppelagent handeln, um die Spuren von sich zu lenken. Er streut Beschuldigungen und wird zum mehrfachen Attentäter innerhalb der eigenen Gruppe. Ein anderer Auftrag führt ihn auf die Philippinen, wo er ein aufwändiges Filmprojekt namens Das Dorf begleiten soll. Die Aufgabe des Agenten ist es, den Regisseur bei Fragen um die vietnamesischen Bräuche und Eigenarten zu unterstützen, um die Authentizität des Films zu gewährleisten. Als beim Set eine Ladung Sprengstoff viel zu früh in die Luft geht, kommt der Agent nur knapp mit dem Leben davon. Ein Unfall? Oder ein gezieltes Attentat? Dem Agent schwant, dass er aufgedeckt wurde. Eine Chance, zu seinen eigentlichen Vorgesetzten zurückzukehren, bietet sich, als er die kampfbereite Rebellengruppe nach Thailand begleiten soll. Von dort aus setzen sie sich durch die Grenzwälder nach Vietnam ab, geraten jedoch früh in Gefangenschaft und der Agent lernt die volle Härte seines kommunistischen Regimes kennen. FORM: Was wir hier zu lesen bekommen, ist das fünfhundert Seiten starke Geständnis unseres Haupthelden, des Doppelagenten, dessen Namen wir nicht erfahren. Er schreibt diese Beichte als Teil seiner Umerziehung in dem Lager, in dem er einsitzt. Der Autor Viet Thanh Nguyen (*1971) gibt ihm hierfür eine äußerst eloquente Stimme, die an die Zuckerman-Romane Philip Roths erinnert. Der Titelheld – der, so erfahren wir später, sein Geständnis immer wieder korrigieren muss – schreibt in einer Mischung aus regimegetreuem Antiamerikanismus und hochnäsiger Geschwätzigkeit, eine gwöhnungsbedürftige Mixtour, die aber Tiefe gibt und viele Zwischenebenen zulässt. Das Hauptthema des Romans kreist um die Frage, was mit einem Menschen passiert, der über Jahre hinweg ein Doppelleben führt, dessen Geheimhaltung über Leben und Tod entscheidet. Die beiden Seilenden, zwischen denen der Erzähler seinen gefährlichen Tanz vollführt, könnten mit dem amerikanischen Kapitalismus und dem vietnamesischen Kommunismus der 1970er Jahre unterschiedlicher kaum sein, und auch der Titelheld kommt mehr und mehr ins Schlingern, geblendet und verführt von den profanen Reizen der westlichen Welt. Diese Entwicklung einzufangen, ist Nguyen hervorragend gelungen. DER SYMPATHISANT ist also nicht nur ein Spionagethriller, sondern auch eine Gesellschaftssatire, die mit den gängigen Klischees über Amerika, Vietnam und deren gemeinsamer Geschichte spielt. Doch auch Freunde des klassischen Polit-Thrillers können hier fündig werden, denn der Roman wartet mit jeder Menge Spannung auf. Der Fall Saigons und die knappe Flucht aus dem Land, die nervenaufreibenden Attentate, die Gefangenschaft und das finale Verhör (die letzten hundert Seiten habe ich atemlos verschlungen) – alles Episoden, die genregültig realitätsnah und pathosfrei geschrieben sind. FAZIT: Viet Thanh Nguyen, der selbst nach dem Vietnamkrieg als Flüchtlingskind in die USA kam, hat mit seinem ersten und bislang einzigen Roman auf Anhieb einen Riesenerfolg gelandet, hochgelobt und preisgekrönt, nicht zuletzt mit dem rennomierten Pulitzer Prize for Fiction. Ich schließe mich dem Jubelgeschrei gerne an und bestätige: DER SYMPATHISANT ist ein vielschichtiger Roman über Politik, Geschichte und Gesellschaft – lehrreich, spannend, lesenswert. Fünf Sterne!

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