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Rezension zu
Neanderthal

Eine durchaus interessante Welt der nahen Zukunft

Von: Michael Lehmann-Pape
11.12.2017

„German Angst oft he Great Depression“. So titelt die New York Times im Buch am 29. Juli 2053. Und das nicht ohne Grund. Denn durch das „Ministerium für Glück und Gesundheit“, die durchgängig übliche Orientierung des „Volkes“ auf Tracker, intensive ärztliche Betreuung und bereits Genreparaturen im Mutterleib, in Verbindung mit der Ächtung von Alkohol und Rauchen samt einer so gut wie lückenlosen Überwachung der Bürger hätte man doch im besten Sinne gedacht, dass ein „glückliches und brachial gesundes Volkswesen“ in der Mitte Europas den Vorreiter für die Welt geben kann. Wenn da nur nicht dieser Hand zur Deprression wäre. Vor allem zur gefürchteten „Großen Depression), die bereits Kinder befällt, die für Jugendliche die Gefahr des Suizids ungemein vergrößert und gegen die aktuell noch kein Kraut gewachsen ist. Ein Szenario, dem Lubbadeh als atmosphärische Rahmung der Welt im Buch durchaus nachgeht und damit den Leser fasziniert. Denn hier tauchen keine noch völlig unbekannten technischen Erfindungen auf, sondern das aktuell bereits vorliegende und genutzte ist nur konsequent zu Ende gedacht. Dass die Verbindung zur depressiven Neigung dabei von Lubbadeh im Werk wenig hintergründig, sondern eher platt gesetzt daherkommt, schadet der Faszination für diese Ausgestaltung des Alltags in naher Zukunft kaum. Ist allerdings auch ein Beispiel dafür, dass im Gesamten die Geschichte ein stückweit zu schlich erzählt wird, um den Leser zum Rätselraten einzuladen. In langen Dialogen werden alle Wichtigkeiten der Ereignisse und deren Hintergründe (in manchmal zu sachlicher Sprache) relativ zeitnah dem Leser bekannt gegeben. Dass Lubbadeh auch anders kann und sehr wohl den Blick für spannungsgeladene und emotional dichte Momente besitzt, zeigt sich daher eher an Randszenen (wie ein „Verhör“ einer Wissenschaftlerin durch eine hohe Angestellte des Ministeriums“, in der Angst, Erregung, warmer Atem, ein deformiertes Ohrläppchen und eine intensive Dichte gleichermaßen den Leser ebenso intensiv mit in die Szene hineinnehmen. Und das alles ob des wohl Selbstmordes eines „Behinderten“ (auch das ein gut eingesetztes Thema in dieser Welt des „Gesundheits-Fetisch“, die Lubbadeh plakativ vor Augen führt. Der nur einen ziemlich merkwürdigen Knochenbau besitzt. Und das in unmittelbarer Nähe des Neandertals in Düsseldorf. Was schon auf den ersten Seiten eigentlich die Ausgangslage völlig klärt. Dass nebenbei noch die Geschichte eines Neandertaler-Jägers aus der Zeit vor 40.000 Jahren erzählt wird, vertieft die Klarheit um die Ereignisse natürlich noch, bleibt aber für die eigentliche Geschichte, die Auflösung des Falles, die überaus gut gesetzten Figuren des Kommissars „Nix“ und des gehörlosen Fachmannes „Max“ kaum von Bedeutung und so vor allem für an Frühgeschichte interessierte Leser ein lesenswerter Anteil des Buches. Auch wenn eine echte Spannungskurve durch zu plakative Erzählweise, Ereignisse und zu einfache „Fluchten“ nicht wirklich entsteht, ergibt sich doch eine anregende Unterhaltung eben durch diese nahe und doch fremde Lebensart, die sich auch aus der Gegenwart heraus umgehend und leicht entwickeln könnte. Was nicht unbedingt wünschenswert ist, folgt man den Folgen, die Lubbadeh griffig vor Augen führt.

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