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Rezension zu
Schnell, dein Leben

Eine Liebe zwischen Grenzgängern

Von: YukBook
07.02.2018

Kann man sein Leben auf 200 Seiten erzählen? Sylvie Schenk zeigt in diesem Roman, dass es geht. Und wie es geht! Es funktioniert deshalb, weil sie ihren Fokus auf ein zentrales Thema richtet: die Schwierigkeit einer deutsch-französischen Beziehung in der Nachkriegszeit. Ungewöhnlich ist nicht nur die Kürze, sondern auch die Form des Romans: Erzählt wird nicht in der Ich-, sondern Du-Form, so als ob die Hauptfigur Louise ihr Leben aus einer Distanz betrachten und reflektieren wollte. Louise wächst in einer katholischen, bürgerlichen Familie auf und erkennt früh, dass Frauen stark benachteiligt sind. Sie will Sprachen studieren und von Männern unabhängig sein. Daher wendet sie sich von ihrem Verehrer und Frauenheld Henri ab und entscheidet sich für ein Leben mit dem deutschen Austauschstudenten Johann, den sie an der Universität in Lyon kennenlernt. Es ist eine Liebesgeschichte mit Hindernissen zwischen Louise, die eifrig die deutsche Sprache lernt und versucht, sich als Aushilfslehrerin in einem deutschen Dorf einzuleben, und Johann, der seit seinem Studium so frankophil ist, dass er am liebsten als Franzose leben würde. Die kulturelle Annäherung sowie die Last der Vergangenheit beschreibt Sylvie Schenk mehrdimensional und nuancenreich. Louise’ Eltern sind entsetzt, dass ihre Tochter ausgerechnet einen Deutschen heiratet. Auch Henri, deren Eltern von den Nazis umgebracht wurde, versucht, ihr die Heirat auszureden und konfrontiert sie mit einer Schuld, die auf Johanns Vater lastet. Louise dagegen wird von ihren Schwiegereltern mit offenen Armen aufgenommen, auch wenn ihre Vorstellung von Frankreich sehr klischeebehaftet ist. Wie findet man zu seiner eigenen Identität? Durch seine Familie, die Sprache, die Ehe oder die Liebe? Diese Fragen stellt sich Louise immer wieder und hält sich am liebsten in der Natur auf, wo sich alle Rollen und Bewertungen auflösen, wo sie einfach nur selbst sein kann. Sylvie Schenk schreibt in einem Stil, der auf den ersten Blick wie ein Zeitungsbericht sachlich und nüchtern daherkommt, doch das täuscht. Gerade durch die Straffung und die klare Sprache gewinnt der autobiografisch inspirierte Roman eine ungeheure Intensität und Sogwirkung. Absolut lesenswert!

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