Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Abschied in Prag

Eine großartige Geschichte - so mächtig, traurig und bewegend!

Von: Buntes Tintenfässchen
16.02.2018

Mein erstes Buch von Alyson Richman war Der italienische Garten - und ich fand es großartig. Abschied in Prag musste ich daher unbedingt lesen, nicht zuletzt deswegen, weil Richman die Geschichte auch diesmal wieder während des Zweiten Weltkriegs spielen lässt. Von der italienischen Resistenza geht es diesmal ins historische Prag, wo die gemeinsame Geschichte der beiden Liebenden Lenka und Josef beginnt. Und das auf recht unkonventionelle Weise: Die Handlung setzt zunächst in der Gegenwart beziehungsweise im Jahr 2000 ein, in dem Josef und Lenka sich nach mehr als 60 Jahren auf einer Hochzeit wiederbegegnen - dachten sie doch eigentlich, der jeweils andere wäre bereits vor langer Zeit gestorben. Von diesem Ausgangspunkt aus geht es in die Vergangenheit und es werden im unregelmäßigen Wechsel die Lebenswege von Lenka und Josef beleuchtet. Der Perspektivwechsel hat mir gut gefallen, denn so lernt man beide Charaktere aus nächster Nähe kennen. Allerdings traf das Konzept nicht ganz meinen Geschmack, denn während Lenkas Geschichte überwiegend chronologisch erzählt wird, springt Richman in den Kapiteln, die Josef betreffen, wild umher. Einerseits fand ich diesen Erzählstil erfrischend und originell und er bildet auf faszinierende Weise die tiefe Traurigkeit und Verzweiflung ab, die Josefs Leben von dem Moment, in dem er Lenka für tot hielt, beherrschte. Andererseits aber hatte ich das Gefühl, immer wieder aus der Geschichte gerissen zu werden. Man muss zwar natürlich nicht immer stur chronologisch erzählen, den Sequenzen, in denen es um Josef ging, fehlte allerdings ein wenig die Struktur - sie wirkten chaotisch und teilweise unzusammenhängend. Nicht ganz mein Geschmack. Das ist aber auch schon alles, was mir an diesem Roman nicht zu 100% gefallen hat. Ansonsten hat mich die Geschichte gefangen genommen, eigentlich regelrecht durch die Mangel gedreht und mir den Atem geraubt. Während des Lesens stürmten derart viele verschiedene Emotionen auf mich ein, dass es mir teilweise schwer fiel, nach dem Zuklappen ins wirkliche Leben zurückzukehren. Was ich besonders bemerkenswert finde: Lenkas und Josefs gemeinsame Zeit ist unglaublich kurz - die meiste Zeit über sind sie getrennt voneinander und so ist ihre Liebe etwas beinahe Mystisches. Etwas, das immer da ist, wenn auch nicht greifbar. Man hat das Gefühl, dass sie mit jedem Jahr, in dem sich Lenka und Josef nicht sehen, noch größer, noch mächtiger wird. Und das ist etwas ganz Besonderes und es ist so unglaublich kraftvoll und bedeutungsschwer. Natürlich war die Liebesgeschichte aber nicht alles, was mich bei diesem Roman nach Luft schnappen ließ. Alyson Richman gelingt es wieder einmal sagenhaft gut, dem Leser die Lebensumstände während des Zweiten Weltkriegs, ganz besonders während des Holocaust, zu veranschaulichen. Sie zeichnet Bilder vom historischen Prag, von dem Elend in Theresienstadt und dem Tod in Auschwitz, die so authentisch und plastisch sind, dass sie einen auch nach dem Lesen noch verfolgen. Das erreicht Richman nicht nur durch die detaillierte und bildhafte Beschreibung der Orte, sondern auch durch die Worte, mit denen sie ihre Ich-Erzähler die Vergangenheit rekapitulieren lässt. So erzählt Lenka von ihrer Kindheit und Jugend in Prag euphorisch, überschwänglich und beinahe verträumt, von der Zeit in Theresienstadt anfangs noch hoffnungsvoll und entschlossen, gegen Ende annähernd emotionslos. Und von den Monaten in Auschwitz abgestumpft, kalt, tieftraurig und lethargisch. Diese Art des Erzählens transportiert derartig viele und intensive Gefühle, dass das Lesen an einigen Stellen beinahe schmerzhaft ist. Begeistert ist natürlich das falsche Wort - aber Abschied in Prag hat unheimlich viel mit mir gemacht, mich tief berührt, bewegt, mich mitgenommen und mich all die Verzweiflung, aber auch die Liebe der Protagonisten spüren lassen. Ein unglaubliches Buch, das einen im wahrsten Sinne des Wortes in einen Strudel zieht und zumindest mich so schnell nicht mehr los lässt. Mein Fazit: Auch mit Abschied in Prag hat Alyson Richman mich wieder komplett abgeholt. Der Erzählstil war diesmal zwar nicht immer mein Fall, dafür waren die Charaktere grandios ausgearbeitet, war die Geschichte so unfassbar plastisch und authentisch, dass man beinahe das Gefühl hatte, selbst dabei zu sein. Ein bittersüßes Erlebnis, aber ganz sicher ein großes Leseerlebnis!

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.